Am Nachmittag des 11. Mai waren die Türen, in diesem Falle die Zauntore, offen für alle, die die neuen NutzerInnen und deren Ideen kennenlernen wollten. Die Stadt Halle hatte das Gelände am Galgenberg, das neben der Stadtgärtnerei auch den zentralen Schulgarten beherbergte, 2012 aus Kostengründen aufgegeben und nach einem Nachnutzer gesucht. Der heißt Grüngeist und ist eine hallesche Gartenbau-Firma, die das Gelände aber nicht exklusiv für sich nutzen und die Hallenser aussperren, sondern im Gegenteil Flächen für das Stadtgärtnern (urban gardening) bereitstellen will. Und die ersten StadtgärtnerInnen und NutzerInnen des Geländes sind auch schon da und aktiv. Es sind die Imkerei Lotta, der Naturkindergarten und der Verein Alte Stadtgärtnerei Halle. Alle suchen sie das Sein in und mit der Natur.
Die Imkerei Lotta pflegt den BienenKulturGarten, der etwas wild daherkommt und mit seinen verschiedenen Pflanzen ein Bienenparadies ist. Angesichts von gebeizter Rapssaat und Bienensterben kann es gut sein, dass die Honigbiene nur in solchen Refugien eine Überlebenschance hat.
Der Naturkindergarten Halle möchte hier Halles zweiten Naturkindergarten eröffnen, einen Kindergarten, in dem die Kinder mehr draußen als drinnen leben, sodass sie die Natur nicht zuerst in Disney-Filmen, sondern in natura, unter den eigenen Nasen und zwischen den eigenen Händen kennenlernen können. So werden die Samen für eine neue Achtsamkeit gesät, eine Achtsamkeit, die wir bitter nötig haben angesichts von immer mehr zubetonierten Flächen, Fracking und Klimawandel (was ein eher weichgespülter Begriff für die ins Haus stehenden Katastrophen ist).
Schließlich die Alte Stadtgärtnerei - Raum für nachhaltige Gartenkultur V. i. G. Der Verein hat hier seit März Flächen gepachtet und erst einmal die alten Frühbeete der Gärtnerei für sich in Nutzung genommen. Und da sieht man sie denn auch gleich die Zeugen der Bewirtschaftungsmethoden der Permakultur: Mulchbeete, Hochbeete, eine Kräuterspirale… Ideen gibt es viele, sie reichen von alternativen Methoden des Wassermanagements mit Hilfe von Teichen und Bewässerungsrinnen über die Anlage einer Naturlaube im Brombeerhag bis hin zur Versorgung von Hallensern mit Gemüse, das mit dem Fahrrad ausgefahren werden könnte und damit nicht nur CO2-neutral wäre, sondern sogar eine sog. negative Bilanz aufwiese: es würde mehr davon verbraucht als produziert.
Die beim Rundgang über die Flächen gesammelten Giersch, Gundermann, Löwenzahn und Brennnessel wanderten in den Kräutersaft - Wildkräuter, so war zu erfahren, haben oft mehr Mineralien und wertvollere Inhaltsstoffe als unser Kulturgemüse.
Der Tag der offenen Tür war gut besucht. Die HallenserInnen sind eben doch nicht, wie ihnen oft nachgesagt wird, gleichgültig gegenüber ihrer Stadt, sondern neugierig und interessiert und wollen, dass sich die Stadt ändert und zum Besseren wandelt. Ein guter Anfang ist getan.
Text/ Bilder: Marianne/ Thies
- Andreas Guthe und Wolfgang Aldag von Grüngeist