Bereits im Mittelalter wurde in Halles Umgebung Braunkohle abgebaut. Für das Jahr 1382 ist eine Grube bei Lieskau dokumentiert. Um 1800 entwickelte sich der Bergbau besonders in Halles Norden.
Aus den winterlichen "Bauerngruben" in familiärer Regie entwickelten sich kleine ganzjährig betriebene Gruben mit wenigen Beschäftigten im Tiefbau. Neben örtlichen Fabriken, Brauereien, Schnapsbrennereien, Salinen und Handwerksbetrieben heizte auch der zahlungskräftige Teil der Stadtbevölkerung gerne mit Braunkohle. Bekannt sind die Beschwerden des Anatomen Johann Friedrich Meckel d. J. (1781 - 1833) über die mit dem Hausbrand verbundene Luftverschmutzung, die seinen wertvollen anatomischen und zoologischen Sammlungen zusetzte.
Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich die industrielle Nutzung der Braunkohle im großen Stil durch. In Halles Norden waren das Fabriken und Ziegeleien in Trotha, Sennewitz und Morl, sowie die Zuckerfabrik in Trotha. Kleinere Gruben fusionierten zu immer größeren Einheiten, um die nötigen Investitionen in Wasserhaltung und Förderung leisten zu können.
1845 entstand die Grube "Frohe Zukunft". Am 19. September 1846 entdeckte der Kammergerichtsassessor Ernst Winkler aus Bad Liebenwerda bei Bohrarbeiten in der Trothaer Feldflur ein Kohleflöz, für das er unter dem Namen "Carl-Ernst" Abbaurechte erwarb. Im Januar 1849 nahm die Grube "Carl-Ernst" ihre Förderung auf. Für alte Hallenser war die Gemarkung weiterhin "Der Brotsack", auch Winklers Betrieb hieß für sie "Grube Brotsack". Dampfmaschinen, Eisenbahnen und Brikettfabriken sorgten für einen weiter steigenden Braunkohleabsatz.
Vom 21. Februar 1901 bis Anfang März 1901 streikte die Carl-Ernst-Belegschaft erfolgreich für höhere Löhne. Halle boomte, den Unternehmen ging es gut. 1903 belieferte die Grube „Vereinigte Carl-Ernst" erstmalig das Hallesche Elektrizitätswerk mit einer Jahresmenge von 8 056 500 Tonnen Rohbraunkohle, zunächst durch Transport mit Pferdefuhrwerken und ab 1926 über eine 1,8 km lange Drahtseilbahn. 1907 arbeiteten 69 Mann in der Grube, davon 38 unter Tage. In städtisches Eigentum ging "Carl-Ernst" am 21. August 1916 über. 1917 vereinigte sich die „Vereinigte Carl-Ernst“ mit der Grube „Frohe Zukunft“, ab etwa 1930 waren so ziemlich alle Gruben unmittelbare Bestandteile der Werke der Stadt Halle.
Seit 1926 belieferte „Karl-Ernst“ (nun mit hartem K) das 1924 bis 1926 erbaute städtische Kraftwerk in Trotha. Wirtschaftlich war der Grubenbetrieb ein auf und ab. Flöze wurden ausgekohlt, neue entdeckt. Eigentümer gingen pleite oder ließen sich von der Stadt sanieren, neue Unternehmer investierten und verkauften ihre Betriebe auch gerne mal an die Stadt.
Dauerhaft defizitär wurden die Grubenbetriebe erst im III. Reich. Die NS-Währungspolitik arbeitete mit einer verdeckten Inflation, um die Aufrüstung und den späteren Krieg zu finanzieren. Die Stadtwerke hielten den Grubenbetrieb mit Quersubventionen aufrecht und begründeten dies mit der Versorgungssicherheit der jungen Großstadt. Weitere Grubenfelder im Norden und Osten der Saalestadt wurden übernommen. Trotzdem sank die jährliche Fördermenge und das Defizit stieg.
Nach 1945 fragte die sowjetische Militäradministration nicht nach Wirtschaftlichkeit. Die kaum zerstörte Stadt war voller Flüchtlinge, die als billige Arbeitskräfte dienen konnten und die sichere Versorgung mit Elektroenergie rechtfertigte anscheinend, die Grubenbetriebe weiterhin auf Verschleiß zu fahren.
Das halbe Deutschland ganz
Als sich die dauerhafte Teilung Deutschlands abzeichnete, passte eine Stadt als Grubenbetreiber nicht mehr in das Schema der neuen planwirtschaftlichen Bürokratie. Am 31. März 1949 wurde die "Vereinigte Grube Karl-Ernst" vom Kommunalwirtschaftsunternehmen (KWU) der Werke der Stadt Halle AG (WEHAG) an die Vereinigung Volkseigener Betriebe der Kohleindustrie (VVB) mit Hauptsitz in Bitterfeld übergeben. Mehrere Besprechungen begleiteten die Übernahme.
Widerstände gab es auf beiden Seiten: die Stadt wollte ihre Gruben behalten, die VVB war schon ganz auf den weiteren Aufschluss der großen Tagebaue bei Bitterfeld und im Geiseltal ausgerichtet. Die "Deutsche Wirtschaftskommission" der Besatzungsmacht sprach ein Machtwort und schon am 22. November 1949 hatte die Regionalverwaltung Merseburg der VVB Braunkohle Grubenholz für 40 000,- DM sowie Ersatzteile und Reparaturkapazitäten für die Seilbahn aufgetrieben.
Noch 1949 wurde die Grube „Vereinigte Karl-Ernst“ in „Grube der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ (DSF) umbenannt. Bis 1957 erfolgte auf der Grube „DSF“ in einem Nord- und Südfeld der Abbau. 1958 wurden Versatzarbeiten in ausgewählten Grubenabschnitten durchgeführt, am 16. Dezember 1958 wurde der Grubenbetrieb endgültig eingestellt.
Die Übertagelandschaft in diesem Grubenfeld war kaum zerstört worden, hatte mit einigen Teichen und Feuchtgebieten sogar interessante Akzente bekommen. Trotzdem handelt es sich um eine Bergbau-Folgelandschaft. Die Bodenstruktur des umstrittenen Trothaer Wäldchens stammt zwar noch aus der Zeit der "Bauerngruben", aber weite Teile von "Halles grünem Norden" werden durch die weitgehend unverfüllten Stollen bei veränderten großklimatischen Bedingungen viel zu leicht entwässert.
Literatur:
Akten des Landesarchivs Sachsen-Anhalt, Merseburg.
Osterloh, Albert (Hrsg.): Chronik Mötzlich 2012. ePubli GmbH Berlin 2012.
Illustration: Kinderzeichnung nach einem undatierten Foto.