In ihrer Buchlesung im „Zazie“- Kino stellt Claudia Kemfert die Thesen ihres neuen Buchs vor
Sie setzt sich auf den Gartenstuhl, der provisorisch in den Kinosaal des „Zazie“ gestellt wurde und liest aus ihrem Buch. Es herrscht eine aufmerksame Spannung bei den Zuhörern, während die Energieökonomin Claudia Kemfert aus ihrem neuesten Werk liest. Das Buch „Kampf um Strom – Mythen, Macht und Monopole“ ist, wie der Name schon sagt, eine Kampfansage an den bisherigen Verlauf der Energiewende. An diesem Donnerstagabend liest sie also aus Ihrem Buch – und erklärt dann doch mit eigenen Worten, was sie sagen will.
Sie prangert die Fehler in der Energiepolitik an: „Der Strompreis müsste nicht steigen, sondern könnte stabil bleiben.“ Ihre Behauptungen unterfüttert die Professorin der Berliner Hertie School of Governance mit einer Power Point mit zahlreichen Diagrammen, Tabellen und Grafiken. Zusammen mit dem deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hat sie errechnet, dass Strom-„Blackouts“ keineswegs unsere Energieversorgung in Zukunft bedrohen.
„Es gibt immer noch das Märchen vom teuren Öko-Strom. Doch die gegenwärtige Regierung tutnichts, um die Mythen der Energiewende zu entlarven.“ Verantwortlich dafür macht Kemfert den EU- Energiekomissar Günter Oettinger und Bundesumweltminister Peter Altmaier. „Die derzeitige Bundesregierung wisse nicht, was sie in punkto Energiewende will“. Denn zu starker LobbyEinfluss hindere die Politiker an wirkungsvollen europaweiten Maßnahmen, wie beispielsweise einer Umstukturierung des Emissionshandels.
Kemfert kritisiert dabei, dass diese CO2- Zertifikate, die von der EU an die Firmen verschenkt wurden, nun ihre Wirkung nicht erzielen. „Der Emissionshandel ist klinisch tot und wird auch nicht reanimiert.“ Deswegen würden in Deutschland sogar noch Kohlekraftwerke neu gebaut anstatt stillgelegt.
Doch Kemfert sieht Energiewende noch nicht am Ende. Sie zeigt eher, dass wir gerade erst am Anfang eines jahrzehntelangen Umbaus in den Bereichen Strom, Mobilität und Wärme stehen. Sie wirbt für die erneuerbaren Energien und kleine, dezentrale Kraftwerke, die zum Beispiel eigenständig eine Stadt versorgen.
Am Ende der Buchlesung, die doch mehr ein Vortrag war, stellen einige der 40 Besucher ihre Fragen an die Autorin. Sie antwortet dabei klar, strukturiert und mit einer deutlichen Gestik. Es geht um zukunftsfähige Energieformen, weitere politische Mythen und aktuelle Themen, wie die Elektromobilität.
Mit ihren provozierenden Thesen wirkt Kemfert insgesamt sachlicher, kompetenter und glaubwürdiger, als es ihr reißerischer Buchtitel mit dem fragwürdigen Cover zunächst erahnen lässt. Sie will damit vor allem eins: die politische Debatte um die Energiewende in Deutschland neu beleben.
www.murmann-verlag.de/buch/kampf-um-strom
Markus Kowalski/ Text & Foto