Nach Angaben der Fachzeitschrift «PLOS ONE» nahm die Gesamtmasse an Fluginsekten zwischen 1989 und 2016 um mehr als 75 Prozent ab. Um Insekten zu schützen, ist ein systematisches Monitoring über einen langen Zeitraum notwendig - und dies möglichst in Echtzeit und ohne dass Tiere dabei Schaden nehmen. Hier setzt das Open-Source-Projekt KInsecta an.
Bislang wird das Monmitoring meist mit Hilfe von Insektenfallen durchgeführt, in denen die Insekten gefangen, getötet und in Alkohol konserviert werden. Oft wird nur die Trockenmasse gewogen, es gibt aber auch aufwändige Einzelbestimmungen.
Für ein großflächiges Monitoring ist die Totfallen-Methode weniger geeignet. Wünschenswert wäre ein digitalisiertes Monitoring in Echtzeit, bei dem die Tiere keinen Schaden nehmen. Es gibt etliche Versuchsaufbauten mit dieser Zielstellung, zumeist im universitären Umfeld. Miteinander kombinierte Sensoren liefern «Multisensordaten», die dann mittels künstlicher Intelligenz (KI) ausgewertet werden.
Eine kostengünstige Lösung dafür möchte das Open-Source-Projekt «KInsecta» entwickeln und verbreiten. Kern der Idee sind spezielle Fotozellen: «Wingbeat-Sensoren», die die Flügelschlagfrequenz der durchfliegenden Arten mit Infrarotlicht messen. Die KI-basierte Auswertung wird sich in der ersten Ausbaustufe darauf beschränken, den Flügelschlag etwa von Stechmücken von dem der Schmetterlinge zu unterscheiden und zu registrieren. Kombiniert mit Boden-, Vegetations- und Wetterdaten (Luftfeuchte, Temperatur, Luftdruck, Windgeschwindigkeit, Helligkeit etc.) will man so Ordnungen und Familien näherkommen.
Um einzelne Arten am Messort voneinander unterscheiden zu können, soll eine Sensorkamera Bilddaten aufzeichnen, die zunächst von Hand (bzw. Auge) ausgewertet werden. Weitere Signalarten sollen später hinzukommen und von der KI einbezogen werden. Auf der Basis des Raspberry Pi soll ein Outdoor-Gerät entstehen, das automatisiert im Freiland messen kann. Wingbeat- und Kamera-Signale sollen durch künstliche neuronale Netze (NN) ausgewertet werden.
Für Datenmanagement und Programmierung stellt das Bundes-Umweltministerium über eine Million Euro zur Verfügung. Für die Endanwender soll ein kostengünstiges Open-Source-Gerät entstehen, das selbst oder mit Hilfe zusammengebaut werden kann. Die Datenübertragung soll bis 15 km über «Long Range Wide Area Network» (LoRaWAN) erfolgen. Darüber hinaus wird es wohl auf die Nutzung von Mobilfunknetzen hinauslaufen.
Das Umweltbildungszentrum Listhof bei Reutlingen will Bastelwerkstätten und Nutzerschulungen anbieten. Der Low-Cost-Insektenzähler soll deutschlandweit eingesetzt werden und als «Leuchtturmprojekt" der Ministerialbürokratie die Forschung zur digitalisierten Insektenbestimmung vorantreiben.
Dietmar Sievers
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Fotos: Projekt KInsecta / Nicola Wettmarshausen