'Niemand hat die Absicht eine Brücke zu sperren', stand auf einem mitgebrachten Protestschild – morgens halb neun an einer der wichtigsten Verkehrsadern der Stadt. Doch das Zitat ist passend, denn trotz anderweitiger Aussagen wird die Peissnitzbrücke ab Mittwoch vollständig für mindestens zwei Monate gesperrt – eine Katastrophe für Kultur- und Gastro, für Berufstätige und alle Bürger*innen, die von ihrem wichtigsten Naherholungsgebiet abgeschnitten werden.
Einen Tag vor der Sperrung trafen sich betroffene Anwohner, Lokalpolitiker und Akteure der Zivilgesellschaft zu einer frühmorgendlichen Protestveranstaltung an der bereits verhüllten Brücke, deren beiderseitiges natürliches Flussufer vor kurzem durch Steinschüttungen zerstört wurde.
In ihrer Kritik am bürgerfernen Politikstil der Bauverwaltung waren sich alle Beteiligten einig. Ein Umweltaktivist bermerkte unter Beifall der Anwesenden, dass es wohl kaum jemand gewagt hätte, die Vollsperrung einer für Autos befahrbaren Brücke zu verfügen. Die absolut kurzfristige Sperrung ohne Vorwarnung sei leider typisch für den bürgerfernen autoritären Stil der Stadtverwaltung und zeige zudem, dass man dort keine Ahnung habe von den realen Verkehrsströmen in Halle.
Auch Stefan Bünsow, Vorstand der Peissnitzhaus-Genossenschaft, beklagte die Kurzfristigkeit und das fehlen jeglicher vorbereitender Ankündigung der Maßnahmen. Gerade habe man sich im Peissnitzhaus nach zwei Coronajahren auf einen besucherstarken Sommer vorbereitet. Bei dem nun drohenden Umsatzverlust müssten frisch unterschriebene Saison-Arbeitsverträge gleich wieder annulliert werden.
Ein Lokalpolitiker zweifelte die offiziellen Argumente für Sperrung an. Selbst wenn ein schädlicher Farbanstrich vollständig entfernt werden müsse, wie sich kurzfristig herausstellte, hätte man mit einem geringen Mehraufwand an Kosten einen Fußgängerdurchgang belassen können, wenn der Wille und die Umsicht dazu existiert hätten.
Eine Aktivistin der Umweltbildung erinnerte bei ihrer Rede daran, dass die Stadt selbst Kooperationspartner für Veranstaltungen auf der Insel ist und daher Interesse haben sollte, dass diese auch für Besucher erreichber sind. Last but not least nannte sie die Kinderstadt, die gerade in den Startlöchern steckt und wohl kaum auf die Brücke verzichten könne.
Die Beteiligten waren sich einig, dass dieser neuerliche Bauskandal in der Stadt einer zu viel sei und dass es weiterer engagierter Proteste bedarf. Ein solidarisches lautes Hupen der vorbeifahrenden Peissnitzbahn beendete die Zusammenkunft. Mittlerweile kann niemand mehr die Brücke passieren. Armes Halle.