Mit einer Vision fing es an – nun wird’s konkret: Halles nördliche Innenstadt bekommt ein solidarisches Wohnprojekt, in Bestlage am Rande des Mühlwegviertels. Erstmals übergab die HWG einer Bürger*innengenossenschaft leerstehende Häuser für den selbstverwalteten Ausbau und eine anschließende Nutzung. Die HWG betont ausdrücklich, dass es sich um ein beispielgebendes Modell für ähnliche Initiativen handelt.
Zwischen privatem Wohneigentum und klassischem Mietverhältnis
Die in diesem Jahr aus dem Verein Wohnvision e.V. heraus gegründete Genossenschaft Wohnunion e.G. nimmt insgesamt vier Häuser mit einer Grundstücksfläche von 1500 Quadratmetern in Besitz. Nach den Plänen der Wohnunion e.G. sollen hier nun innerhalb kürzester Zeit circa 30 sozial verträgliche, denkmalgerecht und nachhaltig sanierte Wohnungen sowie ein Bürger*innentreff entstehen. Eigentümerin bleibt die kommunale HWG auf Grundlage eines Erbpachtvertrages mit einer Laufzeit von 50 Jahren. Diesen auszuhandeln war ein ordentliches Stück Arbeit, betonten die Beteiligten auf einem eigens anberaumten Pressegespräch am 30. September, auf dem neben HWG und Wohnunion auch Halles Baudezernnent René Rebenstorf anwesend war.
Für die HWG sei das Projekt ein gänzlich neuer Weg und bislang einmalig, erklärte die Geschäftsführerin Simone Danz. Die HWG wolle damit ausdrücklich ein wegweisende Beispiel ermöglichen, das als „Blaupause“ für weitere Initiativen wirken soll. Denn diese auf diese Weise geschaffene „Sonderwohnform“ sei ein gangbarer Mittelweg zwischen klassischem Mietwohnen und privatem Wohneigentum´.
Bezahlbare Wohnungen in einem lebenswerten Stadtviertel
Ziel seien langfristig bezahlbare Wohnungen und eine soziale Durchmischung der Nutzenden, erklärte Udo Israel von der Wohnunion. Den üblichen Gentrifizierungseffekt wie bei marktkonformen Sanierungen wolle man auf diese Weise möglichst vermeiden oder abschwächen.
Dies solle zum einen durch selbst koordinierte preiswerte Sanierung, aber auch durch eine solidarische Staffelung der Mietpreise möglich werden. Die anberaumte Investitionssumme für die vier Wohnhäuser bezifferte er mit 4,5 Millionen Euro. Eventuell zu erwartende Preissteigerungen auf dem Baustoffmarkt seien bereits einkalkuliert.
Die in einem 2-jährigen Vorlauf ausgehandelten Vertragsbedingungen seien nicht ideal und entsprächen nicht allen Wünschen, aber „Wir wollen es versuchen“, sagte ein erleichterter Udo Israel. Die Vertragsunterzeichnung ist nun zugleich der Startpunkt für eine zügige Umsetzung. Vorplanungen habe es bereits mit beteiligten Architekten gegeben, so dass schon im Frühjahr 2022 der erste Spatenstich erfolgen könne.
Koordinationsstelle für Baugemeinschaften im Rathaus
Udo Israel dankte nicht nur der HWG sondern auch der Koordinationsstelle Baugemeinschaften. Die Arbeit dieser eigens von der Stadt geschaffenen Vernetzungsstelle habe sich als wertvoll für alle Beteiligten erwiese, um Hürden auf dem Weg zum Vertrag überwinden zu können.
„Das Projekt soll ein Erfolg werden“ , wünscht sich auch HWG-Chefin Danz, die mehrfach auf die vorrangigen wirtschaftlichen Interessen des kommunalen Unternehmens verwies. An dieser Stelle lohnt es sich, die Diskussion fortzuführen. Denn sicher wird die soziale Frage des Wohnens auch in Halle in den kommenden Jahren noch viel stärker in den Mittelpunkt rücken. Und wem gehören denn letztendlich die kommunalen Wohnungsunternehmen mit Ihrem Bestand an Häusern wenn nicht den Bürgerinnen und Bürgern?