Noch hängen viele der Plakate und bieten einen Anlass zu einer kritisch-ästhetischen Rückschau. Wenn eines auffallend war an diesem Wahlkampf, dann dies: Alle bislang im Landtag vertretenen Parteien vermieden weitgehend konkrete Wahlbotschaften. Statt dessen setzten sie auf einen infantilisierenden Gestus der Beschwichtigung. Ein bisschen ernster aber möchte das Wahlvolk schon genommen werden. Quod erat demonstrandum..
Die CDU scheute keinen Aufwand, vergriff sich aber anscheinend mehrfach in der Schublade. "Klare Verhältnisse" und "Keine Experimente" war auf den Plakaten zu lesen. Untreffender und wirklichkeitsfern#er hätte man in der aktuellen politischen Situation kaum texten können. Um das landesväterliche Element zu betonen und Volksnähe zu simulieren, wurde der amtierende Ministerpräsident auch noch unter einen Bauarbeiterhelm gezwungen ("Der Macher"). Und der Hallenser CDU-Spitzenkandidat ließ sich für sein Wahlplakatfoto sogar doubeln, um nach seinen beiden verlorenen OB-Wahlen noch Optimismus verbreiten zu können. Man kann ihm zum Einzug in den Landtag nur gratulieren.
Die Grünen dagegen beriefen sich auf das mütterliche Element - in dem Falle Mutter Natur. Aber als ob sie dies visuell geradezu konterkarieren wollten, prangten auf ihren Wahlplakaten dämliche Icons aus der Mottenkiste der Computerkid-Generation: Bienchen, Blümchen, Smiley.... Hatte man beim Briefing und Pitching der ausführenden Agentur vergessen zu erwähnen, dass in Sachsen-Anhalt erst ab Achtzehn gewählt werden darf? Wie auch immer, es hat ja dann doch noch geklappt - dank der unerschütterlichen Stammwählerschaften in den wenigen urbanen Wohlstandsinseln des Landes.
Die SPD wusste zwar ein paar dürftige Slogans, z.B. gegen Billiglohn oder für mehr Polizeipräsenz (sic!) zu platzieren, ließ diese aber zugleich als reine Textplakate untergehen, während ihre noch weniger sagenden Personenplakate die Wahrnehmung dominierten. Warum aber sollte es wie auf ihnen behauptet nun "Zeit sein für x,y, oder z"?
Bei den Wulf-Gallert-Plakaten der Linkspartei wussten die Betrachtenden nicht so recht, ob es sich um augenzwinkernde Selbstironie ( Nasepopeln als "Wirtschaftslenker", "Frauenversteher" mit dickem Schnauzbart ) oder einfach um achtlose Geschmacksentgleisungen handelte. Da diese Sparten nun aber laut krachend von der "PARTEI" bedient wurde, die damit keineswegs den Landesvaterstuhl beanspruchte, führte das wohl eher am Wahlziel vorbei.
Die mittlerweile chronisch aus dem Landtag ausgesperrte FDP brachte viel Farbe und dazu im Kontrast dramatisierende Dunkelprotraits a la "Schröder 1998" ins Spiel. Worin der beschworene"Vorwärtsruck" nun aber bestehen sollte - darüber blieb sie eine Antwort schuldig. Wir werden es nie erfahren.
"Kenia" heißt nun also die letzte Hoffnung für Sachsen-Anhalt, erfuhren wir aus der Tagespresse. Wie hätte man wohl eine Koalition aus CDU, SPD und FDP genannt, wenn es für fünf Prozent bei den Liberalen gereicht hätte?