Unser Autor Steffen Neubert schreibt über seinen Vater, den Maler Achim Neubert: 1937 in Zwickau geboren, muss er im Kindesalter seine zerstörte Heimat verlassen. Trotz düsterer Kriegs- und Nachkriegserfahrungen endeckt er die Leidenschaft zum Malen.
Als Kind nutzt er erste karierte Blätter, Tinte oder Bleistift und fällt durch sein Talent Mutter und Lehrern auf. Die Karos auf dem Papier verhindern erste Veröffentlichungen seiner Kindesbilder eines Wettbewerbs in der Volkszeitung. Dem mütterlichen Rat folgend, beginnt er eine Lehre zum Maler und Dekorationsmaler. Obwohl es dabei hauptsächlich um Fassaden, Fenster und Wände geht, interessieren ihn Farbenlehre und Maltechniken stark. Neben dem Beruf mit Leiter und Eimer ( Kunden werden zu Fuß und Handwagen erreicht, Kunden im Saalkreis mit dem Rad) besucht er Malzirkel nach Feierabend. Dort kommt er in Berührung mit Aktzeichnen, Kohlezeichnung, Aquarellen, Ölfarben und Linolschnitt und natürlich mit Menschen die sich auskennen mit der Kunst des Malens. Er lernt die Werke von großen Meistern neu zu erfasen.
Fotografie als Initialzündung
Doch erst die Leidenschaft zur Fotographie schaffen die Sicht auf Objekte und Motive neu. Der richtige Ausschnitt, die richtige Beleuchtung, die Bedeutung von Licht und Schatten, die richtige Stimmung, Harmonie der Farben finden Einfluss in seine Malerei. Es entstehen so im Laufe seines Lebens circa 1000 Skizzen, meist aus Halle und der näheren Umgebung. Später folgen dann Regionen des Harzes. Die Liebe zur Architektur erwächst aus Beobachtungen der Objekte. Vor allem Fachwerkbauten in Halle oder Harz werden zu beliebten Motiven.
Die Skizzen werden oft bis zu zwei Jahren im Kopf getragen, bevor sie den Weg aufs Papier finden. Zunehmend findet er auch die Zeit, Skizzen direkt in der Natur oder in Städten vor Ort aufzunehmen. Düstere Ecken von Halle der anfänglichen 90er Jahre finden Beachtung. Nach dem Mauerfall erwecken die Möglichkeiten neuer Farben und Ausrüstung erhöhte Motivation zu sehr farbenfrohen lichtdurchfluteten Werken. Der Optimismus der neuen Freiheit ist nun spürbar.
Die meist realistische Malerei lässt über die Gesamtheit der Werke eine ganz typische Handschrift erkennen. Das Spiel mit dem Horizont, verschwimmende Details und gelungene Proportionen bestimmen die Werke. Licht, Farbwahl und Motivdetail prägen seinen unverwechselbaren Stil.
Gestaltung der Kirche in Klepzig
Im Brotberuf muste der Künstler oft hinter dem handwerklichen Schriftenmaler zurücktreten. Doch bei großen öffentlichen Aufträgen waren alle Fähigkeiten gefragt: Fassadengestaltungen über mehrere Etagen hinweg, in großer Höhe und mit entsprechenden Dimensionen erforderten das ganze Wissen und Können. Auch ein Förderverein für die Kirche in Klepzig konnte genau diese Fähigkeiten und Fertigkeiten dringend gebrauchen. So übernahm Herr Neubert die farbliche Gestaltung der Kirche von innen - im Ehrenamt. In zwei Jahren und circa 2000 Stunden gelang es ihm, in eine,m gestalterischen Balanceakt etwas Einmaliges zu schaffen - unter Wahrung der Denkmalschutzauflagen, bei Beachtung der religiösen Besonderheiten und mit reichlich Mut zum Modernen. Ein weiteres öffentliches Kunstwerk am Bau ist in einem Harzer Hotel zu finden. Dort enstanden sechs typische Landschaftsmotive an der Decke eines Speisesaales, wo sie die Gäste erfreuen.
Öffentliche Ausstellungen
In Neuberts Bildern steckt Lebenswille und Kraft von menschengemachten Landschaften, unpolitisch und doch Zeitzeuge - ein Optimist der Nachkriegszeit. In drei öffentlichen Ausstellungen konnten Ausschnitte seines Lebenswerks in den letzten Jahren besichtigt werden. Verkäufe von Bildern bilden bis heute die Ausnahme. Mit 83 Jahren ist die Lust aufs Malen noch lange nicht erschöpft. So gibt es noch reichlich Motive in Halle, welche er angehen will.