"Nein zu Deutsch­land als Kriegs­par­tei" Auf­ruf von Gewerk­schaf­ten, Frie­dens- und Umweltbewegung

Vetre­ter der deut­schen Frie­dens­be­we­gung, Gewerk­schaf­ten sowie von huma­ni­tä­ren Hilfs - und Umwelt­or­ga­ni­sa­tio­nen haben sich aus Anlass der Sta­tio­nie­rungs­plä­ne für ato­ma­re Mit­tel­stre­cken­waf­fen in Deutsch­land mit einem Appell an die Öffent­lich­keit gewandt. In der Pres­se­er­klä­rung rufen Sie zur Teil­nah­me an Frie­dens­kund­ge­bun­gen am 6. August, 1. Sep­tem­ber sowie am 3. Okto­ber auf. "Deutsch­land droht in den Krieg abzu­rut­schen. Dage­gen ste­hen wir.", schreibt ein Kreis von Erst­auf­ru­fen­den, dar­un­ter  die ehe­ma­li­ge Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rin Prof. Dr. Her­tha Däub­ler-Gme­lin,  der Vor­sit­zen­de der Deut­schen Umwelt­stif­tung Jörg Som­mer oder die ehe­ma­li­ge Prä­si­den­tin der Welt­hun­ger­hil­fe Bär­bel Dieckmann.

 

Ori­gi­nal­text:

Nein zu Deutsch­land als Kriegs­par­tei – Nein zu neu­en Mittelstreckenraketen!

Was unser Land braucht, ist eine star­ke Frie­dens­be­we­gung, die sich der zuneh­men­den Mili­ta­ri­sie­rung in der Poli­tik und den öffent­li­chen Debat­ten ent­schie­den wider­setzt. Das haben wir in den 1980er Jah­ren gegen die Sta­tio­nie­rung von Mit­tel­stre­cken­ra­ke­ten getan und das tun wir auch heu­te. In der Ukrai­ne ist die Eska­la­ti­ons­dy­na­mik des Krie­ges unge­bro­chen und ver­schärft sich wei­ter. An die­ser his­to­ri­schen Wei­chen­stel­lung dür­fen wir nicht schweigen.

Vor einem Jahr haben wir mit dem Auf­ruf „Frie­den schaf­fen jetzt!“, dem sich auch vie­le Gewerk­schaf­ter und Gewerk­schaf­te­rin­nen ange­schlos­sen haben, den Bun­des­kanz­ler auf­ge­for­dert, schnell auf einen Waf­fen­still­stand zu drän­gen und Frie­dens­ver­hand­lun­gen zu ver­mit­teln. Doch das Töten, die schwe­ren Ver­let­zun­gen, die Zer­stö­run­gen, das Leid und Elend der Men­schen gehen wei­ter. Die Gefahr eines gro­ßen Krie­ges in Euro­pa droht wie­der zu einer denk­ba­ren Zukunft zu wer­den. Dass die unmit­tel­ba­re Kriegs­schuld Russ­lands außer Fra­ge steht, ändert nichts dar­an, dass es zuerst um den Frie­den gehen muss.

 

 

Krieg ist unmensch­lich. Wir wis­sen aus den Kata­stro­phen der bei­den Welt­krie­ge: Krieg kennt kei­ne Gren­zen in sich. Der Krieg in der Ukrai­ne darf nicht wei­ter eska­lie­ren und zu einem gro­ßen Krieg wer­den. Doch bei uns wird bei Waf­fen­lie­fe­run­gen in die Ukrai­ne immer vor „roten Lini­en“ gewarnt, die nicht über­schrit­ten wer­den dür­fen, um sie dann auf inne­ren oder äuße­ren Druck doch zu über­schrei­ten. Wir ver­ur­tei­len die unsäg­li­che Kriegs­rhe­to­rik von Poli­ti­kern der Regie­rungs- wie der Oppo­si­ti­ons­par­tei­en sowie gro­ßer Tei­le der Medien.
Das EU-Euro­pa, das sich in eine wach­sen­de Abhän­gig­keit gegen­über den USA bege­ben hat, muss wie­der zu einer eigen­stän­di­gen Frie­dens­macht wer­den, in der die Diplo­ma­tie im Zen­trum steht.
Aus der extrem gefähr­li­chen Cuba-Kri­se von 1962 hat­ten bei­de Super­mäch­te gelernt, dass sie die ele­men­ta­ren Inter­es­sen und Bedro­hun­gen des Kon­tra­hen­ten wahr­neh­men müs­sen. Das ist die Grund­la­ge der Ent­span­nungs­po­li­tik. Doch im Ukrai­ne-Krieg geschieht das Gegen­teil. Vie­les erin­nert schmerz­haft an den Juli des Ver­sa­gens 1914 vor dem Aus­bruch des Ers­ten Welt­kriegs. Aber in Deutsch­land sol­len wie­der Waf­fen­sys­te­me sta­tio­niert wer­den, die mit sehr kur­zen Vor­warn­zei­ten kon­ven­tio­nel­le Spreng­köp­fe und sogar Atom­waf­fen nach Russ­land tra­gen können.
Wir sagen Nein zu land­ge­stütz­ten Rake­ten­sys­te­men, die im INF-Ver­trag ver­bo­ten wur­den. Wir sagen Nein zu einem neu­en Kal­ten Krieg, aus dem ein Hei­ßer Krieg wer­den kann. Gren­zen­lo­se Auf­rüs­tung ist nicht die „ulti­ma ratio“, sie ist die „ulti­ma irra­tio“. Die Kon­flik­te und Span­nun­gen der Welt wer­den grö­ßer, wenn der Krieg nicht been­det wird und Russ­land auf dem Rücken der Ukrai­ne nie­der­ge­rüs­tet wer­den soll. Und im Hin­ter­grund spitzt sich die Riva­li­tät der USA mit der neu­en Super­macht Chi­na wei­ter zu.

Die NATO-Staa­ten wer­den in der Ukrai­ne fak­tisch zu Kriegs­par­tei­en, wenn sie nicht Auf­rüs­tung und Waf­fen­lie­fe­run­gen stop­pen und zu einer fried­li­chen Alter­na­ti­ve kom­men. Die Stra­te­gie, den Geg­ner nie­der­zu­rüs­ten, ist von den Mili­tärs der NATO-Füh­rung vor­ge­ge­ben und ver­folgt in ers­ter Linie die Inter­es­sen der USA. In Wies­ba­den ent­steht mit 700 Mili­tärs die Nato Secu­ri­ty Assi­s­tance and Trai­ning for Ukrai­ne (NSATU), 40 davon stellt die Bundeswehr.

Deutsch­land droht in den Krieg abzu­rut­schen. Dage­gen ste­hen wir. Auch wenn behaup­tet wird, dass die NSATU aus der NATO kei­ne Kon­flikt­par­tei macht, hat sie nur eine Auf­ga­be: immer mehr Waf­fen in die Ukrai­ne zu lie­fern. Die­se Auf­rüs­tung wird in Deutsch­land koor­di­niert. Unser Land wird zur Kriegspartei.
Frie­den braucht eine „Euro­päi­sie­rung Euro­pas“ und eine gesamt­eu­ro­päi­sche Sicher­heits­ar­chi­tek­tur. Mehr Gemein­sam­keit in unse­rer Welt mit Staa­ten unter­schied­li­cher Ord­nung kann nur hei­ßen: Nord-Süd-Soli­da­ri­tät, Gemein­sa­me Sicher­heit und Nach­hal­tig­keit. Wir sagen Nein zu Auf­rüs­tung und Krieg! Wir brau­chen eine Poli­tik des Frie­dens und der Vernunft.
Wir rufen auf, sich an den Frie­dens­ak­tio­nen am 6. August und am 1. Sep­tem­ber an vie­len Orten und am 3. Okto­ber 2024 an der bun­des­wei­ten Demons­tra­ti­on in Ber­lin zu betei­li­gen und dafür zu werben.

Erst­auf­ruf von

Prof. Dr. Peter Brandt, His­to­ri­ker | Rei­ner Braun, Int. Frie­dens­bü­ro (IPB) | Anke Brunn, Lan­des­mi­nis­te­rin a.D. | Prof. Dr. Her­tha Däub­ler-Gme­lin, Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rin a.D. | Bär­bel Dieck­man, ehem. Prä­si­den­tin Welt­hun­ger­hil­fe | Ulri­ke Eif­ler, Gewerk­schafts­se­kre­tä­rin | Micha­el Mül­ler, Par­la­ment. Staats­se­kre­tär a.D. | Hel­ga Schwit­zer, ehem. geschäftsf. Vor­stand IG Metall | Jörg Som­mer, Vor­sitz. Deut­sche Umwelt­stif­tung | Wil­ly van Ooy­en, Bun­des­aus­schuss Friedensratschlag

Ber­lin, den 17. Juli 2024

 

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