Sicht­wei­sen in Hal­le - Ways of Seeing

Es gibt im Moment in Hal­le eine Rei­he von außer­ge­wöhn­li­chen Kunst­aus­stel­lun­gen. Und ich mei­ne nicht die über­all bewor­be­ne „grooo­ße“ Ausstellung.

Ich lie­be Kunst! Ich lie­be Gemäl­de! Und ich lie­be Kunstbücher!

Ich kau­fe sie so oft wie mög­lich. Aber gute Gele­gen­hei­ten kom­men selten.

Wie kann das sein? Man sieht doch Kunst­bü­cher überall.

John Ber­ger gab die Ant­wort 1972 sowohl in sei­nem berühm­ten vier­tei­li­gen BBC -Fern­seh­pro­gramm „Ways of See­ing“ als auch in sei­nem Buch dazu, wel­che bei­de im eng­lisch-spra­chi­gen Raum immer noch zu den ein­fluss­reichs­ten Kunst­auf­sät­zen aller Zei­ten zäh­len. Der ers­te Auf­satz ist eine Erwei­te­rung der Ideen in Wal­ter Ben­ja­mins sehr bekann­tem Essay „Das Kunst­werk im Zeit­al­ter sei­ner tech­ni­schen Reproduzierbarkeit.“

Aber besu­chen Sie bit­te zuerst das Spar­kas­sen-Kunst­fo­rum in der Bern­bur­ger Stra­ße, Ecke Mühl­weg. Das jetzt kom­men­de ist das let­ze Wochen­en­de für die aus­ge­zeich­ne­te Hans-Chris­toph-Rack­witz-Retro­spek­ti­ve. Die Aus­stel­lung wird nur noch bis Sonn­tag, dem 5. Juni, gezeigt. Ein­tritt ist frei.

Drau­ßen vor der Aus­stel­lung gibt es ein gro­ßes Trans­pa­rent mit einer Col­la­ge zwei­er sei­ner Wer­ke (sie­he oben).

Wenn Sie „Ways of See­ing“ gele­sen haben—und lei­der ist das Buch nicht auf Deutsch veröffentlicht—werden Sie bemer­ken, wie viel­fal­tig sei­ne Kunst­wer­ke sind. Und in Kennt­nis der hal­le­schen Aus­stel­lung wür­den Sie sich fra­gen, war­um es nur ein Bild sei­ner Wer­ke auf der Web­site des Kunst­fo­rums gibt? Wie kann man wis­sen, ob man dort hin­ge­hen soll, wenn es nur ein Bei­spiel gibt? Es scheint, als ob das Kunst­fo­rum die Kunst­lieb­ha­ber nicht zur Aus­stel­lung ein­la­den will. John Ber­ger gibt in Fern­seh­pro­gramm und Buch den nöti­gen Hin­ter­grund, die­se Umstän­de zu verstehen.

Aber es ist nicht anders bei der Web­site des Kunst­mu­se­ums Moritzburg.

Man soll­te unbe­dingt das dor­ti­ge Turm­ka­bi­nett besu­chen, um die Kunst vom hal­le­schen Künst­ler Albert Ebert (1906 in Hal­le gebo­ren) anzu­schau­en. Natür­lich gibt es im Moment die Son­der­aus­stel­lung „Magie des Augen­blicks“ sowie die neu­es­te Aus­stel­lung der Dau­er­leih­ga­be der Samm­lung Her­mann Ger­lin­ger mit ihren tol­len Gemäl­den der Künst­ler­grup­pe „Brü­cke“.

Genie­ßen Sie einen ange­neh­men Rundgang.

Außer bei der Son­der­aus­stel­lung mit fran­zö­si­schen Wer­ken, die ihre eige­ne Anzie­hungs­kraft haben, ist die Muse­ums-Web­site, wie beim Kunst­fo­rum, echt spar­sam mit den hoch­ge­la­de­nen Bildern.

http://www.stiftung-moritzburg.de/dauerausstellung/turmkabinett-ebert/
http://www.stiftung-moritzburg.de/sammlungen/

Man muss wie­der fra­gen, war­um das so ist? Wir stel­len die Fra­ge in die­sem Moment mal eher rhe­to­risch, da es wich­ti­ger ist, die Kunst anzu­schau­en und im per­sön­li­chen Erleb­nis erst zu genießen.

Das Inter­net ist doch toll ... denn schon ereilt uns die nächs­te Frage:

„Seit Novem­ber 2013 sind die his­to­ri­schen Aus­stel­lungs­be­rei­che im Kup­pel­saal und dem Unte­ren Wehr­gang im süd­li­chen Teil des Ost­flü­gels der Moritz­burg geschlos­sen. Hier war bis dahin die Kunst des 18. und 19. Jahr­hun­derts ausgestellt.“

„Die­ser schmerz­li­che Schritt wur­de not­wen­dig, um die Räu­me zu Inte­rim­de­pots umzu­nut­zen“ erklärt das Muse­um wei­ter. Aber stimmt das?

Gut – auch die­se Fra­ge wird ver­tagt! Lau­fen Sie lie­ber zum Kunst­ver­ein Tal­stra­ße, wo man bis 24. Juli Gemäl­de und Gra­fi­ken des deut­schen Künst­lers Rudolf Schlich­ter besu­chen kann.

http://www.kunstverein-talstrasse.de/f_a_aus.htm

Ein ein­zel­nes, ein­sa­mes Bild ist auf die Web­site hochgeladen.

Bin ich der ein­zi­ge, der fol­gen­de Umstän­de selt­sam findet:

Wir reden hier über die bil­den­de Kunst. Aber es gibt auf den Web­sites kaum eine bild­li­che Dar­stel­lung die­ser bil­den­den Kunst!

Die­ser spar­sa­me Umgang mit Dar­stel­lun­gen die­ser Kunst wird im „Ways of See­ing“ enthüllt...oder Sie bekom­men dort min­des­tens die intel­lek­tu­el­len und his­to­ri­schen Werk­zeu­ge, sich den Grund dafür zu erschließen.

Und nun die Kunst­bü­cher: die meis­ten ähneln den Kunstmuseen-Websites.

....naja...mein Nach­den­ken dar­über könn­te auch noch ein biss­chen war­ten. Es ist immer wich­ti­ger die Kunst selbst ohne vor­he­ri­ge Inter­pre­ta­tio­nen anzuschauen.

Was fort­zu­set­zen wäre ...

Ein Kommentar zu “Sicht­wei­sen in Hal­le - Ways of Seeing

  1. Sehr geehr­ter Herr Rod­ney Thomas,

    heu­te bin ich ich auf Ihren Bei­trag zur Rack­witz-Aus­stel­lung im Kunst­fo­rum gesto­ßen. Schön, dass Ihnen die Aus­stel­lung gefal­len hat. Dar­über freu­en wir vom Team des Kunst­fo­rums uns sehr, denn da ging es Ihnen wie den fast 2000 ande­ren Besu­chern, die in den ver­gan­ge­nen Wochen die Aus­stel­lung besucht haben.
    Auf Ihre Kri­tik bezüg­lich der Bil­der möch­te ich nur kurz dar­auf ver­wei­sen, dass man auf unse­rer Hom­pa­ge natür­lich meh­re­re Bil­der anse­hen kann. Unter dem Punkt Bil­der­ga­le­rie auf der jewei­li­gen Aus­stel­lungs­sei­te sind eini­ge Impres­sio­nen aus der Aus­stel­lung zu sehen - auch jetzt noch. Das machen wir eigent­lich immer so, damit die Kunst­lieb­ha­ber vor­ab schon einen klei­nen Ein­druck davon bekom­men, was man in der Aus­stel­lung dann in "vol­ler Pracht" sehen kann.
    Und da Sie in Ihrem Arti­kel auch die schö­nen Bil­der von Albert Ebert erwähnt haben, möch­te ich Sie hier­mit ganz herz­lich zu unse­rer neu­en Aus­stel­lung ein­la­den. Vom 19. Juni 2016 an sind unter dem Titel "Blick in die Samm­lung der Stif­tung der Saa­le­spar­kas­se" Wer­ke von Ebert, aber auch von Göt­ze, Göbel, Ohme, Möh­wald und vie­len ande­ren Künst­lern in unse­ren Räu­men zu sehen.

    Mit bes­ten Grüßen
    S. Krziwanie

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