Als die ersten Unterlagen zu der "Waldumbau"-Aktion im Trothaer Wäldchen auftauchten, war kundigen Lesern rasch klar, dass deren Planer irgendwie aus der Zeit gefallen sein mussten. So hat vielleicht zu Bismarcks Zeiten die "Axt im Wald" wüten können, aber schon vor 10 Jahren waren Kahlschlag und Aufforstung mit teuren Baumschulen-Bäumen nicht mehr die Mittel der Wahl, wenn man etwas für seine Wald-Zusammensetzung tun wollte.
Zur Ausgangslage der betroffenen Anwohner hat Liane Kleinert das Nötige geschrieben: Im Trothaer Wäldchen wird geringelt. Eine erste Bilanz nach der verkorksten Begehung vom 4. Februar zog Nicole Hermes in: BUND fordert Stopp der Ringelungen und Fällungen im Trothaer Wäldchen. Nun hat sich zumindest das äußere Bild an der Trothaer "Ringel-Front" noch einmal deutlich verändert, so dass ein neuer Beitrag mit Fotogalerie erforderlich wird.
Verursacher ist diesmal der Stadtverband Halle von Bündnis90/Die Grünen, der zu einer "Rettungsaktion Wäldchen" am 14. Februar aufrief. Nun tragen so ziemlich alle "geringelten" Bäume eine schützende Schicht aus "Herrn Aldags Geheimmischung". Besonders privillegierte Bäume haben ein liebevoll gestricktes Wollmäntelchen bekommen und es sollen noch mehr werden. Melanie Ranft und Wolfgang Aldag schreiben dazu:
"Hallo aus dem Wäldchen in Halle Trotha! Wir waren dort am Valentinstag unterwegs und haben die Ringwunden vieler von der Abholzung bedrohter Robinien mit Baummäntelchen abgedeckt. Ihr könnt uns auch dabei helfen, ein Zeichen gegen die Abholzung und für den Naturschutz zu setzen: Schickt uns eure selbstgemachten Baummäntelchen in unser GRÜN.Lokal in die Ludwig-Wucherer-Straße 13 und wir bringen sie gemeinsam an."
[rl_gallery id="20263"]Die Aktion der Grünen kann zumindest die Austrockung der Wundflächen stoppen und künftige Infektionen abwehren. Sicherlich sind Phloem, Grenzschicht und äußeres Xylem weitgehend abgeräumt, aber die unebene Rindenstruktur und das rasche Jugendwachstum der Robinie lassen leitfähige Strukturen auch noch in einem Zentimeter Tiefe möglich erscheinen, die die Versorgung des Baumes mit Wasser und Mineralstoffen sichern könnten. Die Wollmäntelchen haben auch ihren Sinn: im Winter verringern sie die Frosteinwirkung, im Sommer nehmen sie morgendlichen Tau auf und geben ihn im Laufe des Tages kühlend ab. Forschung ist, wenn man vorher noch nicht weiß, was geschehen wird.
We knit for our trees
Bei allem spaßgesellschaftlichen Frohsinn lässt sich Kritik am städtischen Umweltamt nicht ganz vermeiden: einmal an diesem Waldumbau nach Gutsherr*innenart an sich, aber auch daran, dass Laubenruinen, Bauschutt und Bodenplatten im Westteil des Wäldchen ausgespart werden. Die sind sicherlich Privateigentum, aber Privatleute kann man fragen! Vernünftiger arbeitende Untere Umweltbehörden bekommen dann von den (oftmals hochbetagten) Eigentümern zumeist die Antwort: "Wenn ihr das beräumen wollt - ja gerne, ich kann das nicht mehr leisten."
Die unmittelbaren Fällarbeiten sind erst einmal bis zum Herbst ausgesetzt. Kräfte des Umweltamts, aber auch unabhängige Experten suchen jetzt nach Schutzwürdigem in und an Baum, Strauch und Erdschichten. Gute Chancen haben dabei Brutvögel, Fledermäuse und Baumkäfer. Kehrseite der Medaille ist, dass die Naturschützer, um etwas zu bewirken, eine möglicht hohe Schutzwürdigkeit ihres Schutzguts nachweisen müssen - was dem Charakter eines Erholungswäldchens für die Anwohner zuwider läuft. Aber Stricken ist ja auch eine schöne Beschäftigung.
Fotos: Sievers