Ein Abend irgendwo hinter dem ehemaligen 'Hotel Maritim'. Zwischen einer riesigen dunklen Parkplatzbrache und Gründerzeitrestbauten liegt der Treff von „Recht auf Stadt Halle“. Zum Gründungstreffen im November, unmittelbar nach einem Vortrag von Andre Holm an der MLU, kamen 4o Leute, berichtet Florian. Heute ist die Runde überschaubar und besteht größtenteils aus Studierenden.
Die Gruppe versteht sich als Aktionsplattform, möchte informierend und koordinierend wirken, erklärt Ruth, die Humangeografie studiert. Ein Handlungsfeld, auf dass sich die Aktivist*innen schnell einigen konnten, ist es, für mehr Transparenz in Sachen Leerstand, Spekulation und Immobilienmarkt zu sorgen. Der Deal um den Verkauf des „LaBim“ habe gezeigt, dass in Halle viel zu viel hinter verschlossenen Türen geschieht. Die Stadt und ihre Vertreter erwiesen sich dabei häufig nur als zuverlässiger Gehilfe der Immobilienwirtschaft, ohne dass es einen Prozess von innen gebe, sagt Jakob. Symbol dieser Intransparenz seien die so genannten „Halleschen Immobiliengespräche“, bei denen zwar Investoren und Kommunalpolitiker, aber keine Bewohner*innen eingeladen werden.
Digitaler Leerstands-und Verkaufsmelder geplant
Um in Zukunft frühzeitig Protestaktionen und Intervention zu ermöglichen, soll nun eine interaktive
Karte entstehen, auf der Eigentumsvermerke, Auktionstermine, Sanierunspläne oder Leerstandsmeldungen für alle sichtbar eingetragen werden können. „Mit so einer Karte lassen sich die sozialen Konflikte besser erkennen und werden in ihren Dimensionen auch großflächig darstellbar“.
Solche Konflikte heißen: Mietpreissteigerungen und Verdrängung – als soziologisch beschriebener Vorgang unter „Gentrifizierung“ bekannt. Diese bestens bekannte „Logik der Aufwertung“, mit der die Stadt gemeinsam mit Investoren und Eigentümern agiere, zeige sich auch an den willkürlichen und künstlichen Namen, mit denen die Sanierungsviertel ausgewiesen werden.
Mieter*innen-Kommunikation statt Makler-Marketing-Slang
Die Häuserzeilen zwischen Steintor und Bahnhof firmieren auf dem Markt schon länger unter 'Medizinerviertel' und die Gegend hinter dem 'Maritim' wurde gerade in „Königsviertel“ umgetauft.
Schon bald ab 2019 sollen hier die Bagger anrücken und hochwertige „Wohngärten“ errichten.
„Halle ist in der Maklersprache ein 'Käufermarkt', während Leipzig als 'Bestandssicherungsmarkt' gilt“, berichtet Florian, der Kontakt zu kritischen Politikern im Rathaus hält.
Dazu passt die Strategie der HWG, im momentanen Kauf-Hype so genannten „Streubesitz“ abzustoßen – ohne Rücksicht auf sie sozialen Folgen für Stadt und ihre Menschen.
Regional und international vernetzt
„Recht auf Stadt“ ist Teil eines bundesweiten und darüber hinaus internationalen Netzwerks, die sich jeweils lokal gegen Gentrifizierung und für sozial verträglichen Stadtwandel engagieren.
Dabei verstehe sich dieses Recht als „Recht auf Innenstadt“, als Recht auf „Partizipation“ - unabhängig von sozialer oder ethnischer Herkunft, so der Aktivist Andre Holm in einem Youtube-Video.
Die Hallesche Gründungsgruppe erhielt Unterstützung aus Leipzig, wo die Dynamik der Mietpreissteigerung und Verdrängung derzeit mit am stärksten in Deutschland wirkt.
Dort wird vom 20.-22. April auch das 4. bundesweite Netzwerktreffen von „Recht auf Stadt“ stattfinden.
>>> Infos HIER
Kontakt Recht auf Stadt Halle: https://www.facebook.com/RechtaufStadtHalle/