Am 7. August fand ein weiterer Abend der Offenen Bühne der Volksbühne am Kaulenberg statt. 14 Personen teilten sich im Graben der Moritzburg den (zu) langen Abend (20:30 Uhr – ca. 23:30 Uhr). Überraschenderweise waren es mehr Frauen als Männer.
An einen glühenden Freitagnachmittag schloss sich ein südlich schmeichelnder Sommerabend an, der Himmel war wolkenlos, der abnehmende Mond würde spät kommen – perfekte Gelegenheit für Kultur unter freiem Himmel. Und der Graben der Moritzburg ist weit genug, um ein seuchengefahrreduziertes Zusammensein zu ermöglichen. Ich zahlte 5 Euro (hätte ich etwas vortragen wollen, so hätte ich freien Eintritt gehabt) und ließ mich nach der Veröffentlichung meiner Adressdaten in meiner Sitzgruppe nieder. Der Veranstalter Jonas Schütte von der Volksbühne am Kaulenberg (siehe Heft vom Sommer 2019) hatte seinen Dramaturgen zur Moderation geschickt, welcher mit viel Energie die Stimmung des ermüdenden Publikums zu heben wusste.
In der Minderzahl gab es Musik und Theater, in der Mehrzahl (9) wurde vorgelesen: der Sprechwissenschaftler Hans-Henning Schmidt (LITERAtainment) las Texte aus der Zeit nach dem vorletzten Krieg, Katharina Wibbe einen Scetch über eine Konferenz der ErregerInnen mit Frau Corona als Teilnehmerin (Textauszug siehe Heft Sommer 2020), in dem das letzte Wort der Frau Hysterie gehört (nicht eigentlich eine Erregerin). Dann aber wurde es immer privater und privater, bis mich das Gähnen ankam und ich anfing über die Bedeutung regelmäßigen Tagebuchschreibens zur Psychohygiene zu sinnieren. Sprechfehler und auch sprachliche Fehler traten auf (z. B. mangelnde Konjunktive) und schließlich gab es sogar einen Beitrag, in dem immer wieder fuckin' Denglish gesprochen wurde, which the reviewer is unable to understand. Und wo war Frau Poesie? Nicht geladen? Einmal schien

Improvisationstheater Stabile Seitenlage am 7. August 2020 auf der Offenen Bühne im Moritzburggraben
sie kurz anwesend: Als das Improtheater „Stabile Seitenlage“ auftrat und eine schöne und schließlich auch poetische Improvisation über Uli den Busfahrer zwischen Wurzen und Sandern sowie Moni, die nicht nach Sandern möchte und trotzdem mitfährt … und die schließlich gemeinsam Performancetänzer(Innen) werden.
Ein Abend in einer Offenen Bühne ist kein Literaturseminar, sondern eine freie Performance, die auch dem Sich-Ausprobieren dient. Ich weiß wohl. Herr und Frau Ego sollen da also ruhig ihren Platz haben. Nur gehört nicht jede Seelenregung in ein Gedicht, einen Songtext oder eine Ansprache und die wenigsten gehören auf die Bühne.
Auf dem Rückweg schielte mich der maisfarbene, schwindsüchtige Mond vom Osthimmel herab an. Mein Gott wie poetisch.