Im WUK Theater Quartier Werkstätten und Kultur hat am 3. Oktober 2020 das Stück „1989 – Vielleicht ist ja morgen schon alles anders…“ Premiere. Das Stück schließt eine furchtbare Wissenslücke: Jetzt endlich erfahren wir, wie es zu Günter Schabowskis berühmter Äußerung kam, nach der am 9. November die DDR-Bürger plötzlich anstandslos in den Westen durften. Huh, das muss man gesehen haben.
Weltdorf Köckern hatte schon zu DDR-Zeiten eine Tankstelle mit Gaststätte an der Autobahn nach Berlin zu bieten (heute gibt es dort an der A9 zwei große Raststätten): Hier treffen sich am 9. November 1989 unbekannte, aber historisch bedeutsame Personen: Politbüromitglied Karl-Heinz Berkow, der seine „rüber gemachte“ Tochter Claudia wiederhaben möchte, seine Frau, die als Schauspielerin am Schauspielhaus Leipzig in Volker Brauns „Die Übergangsgesellschaft“ mitspielt, die 21-jährige Kerstin, die Wirtin der Gaststätte ist und sich in Leipzig an der Schauspielschule beworben hat, eine hallesche Handwerkerbrigade, die schnell nach Berlin muss, um im Palast der Republik einen Fahrstuhl zu reparieren, Claudia, die in den Westen geflüchtete und nun zurückgekehrte Tochter der Berkows, ein geheimnisvoller Westdeutscher, der Einfluss auf die Entwicklung der DDR nehmen möchte und und … Die karge Ausstattung des Lokals weist einigen DDR-Charme auf, wer etwas essen möchte, bekommt Bockwurst, zu trinken gibt es Pfeffi, Klaren, Kaffee und Bier. Zwischen all dem entspinnen sich die menschlichen Beziehungen und immer ist die Untergangssituation im Land ein Thema. Niemand ist unbetroffen, alle sind elektrisiert. Wahrheiten kommen zutage, Geständnisse, Anschuldigungen, Seelentiefen und -untiefen sprudeln nach oben. Und in diesem Gemenge gelingt es (wie, verraten wir nicht), Günter Schabowski jenen Zettel unterzumogeln, von dem er dann vorliest, was den Untergang der DDR besiegeln sollte.
Alles sehr unterhaltsam und mit einigen Zeitschleifen versehen, sodass sich erst am Schluss szenisch zusammenfügt, was die Zuschauer*innen in früheren Einzelszenen nur teilweise erfahren. Das ist erst verwirrend, löst sich aber am Ende in einen erheiternden AHA-Effekt auf.
Besonders witzig sind die Mitglieder der Handwerkerbrigade, bravourös ist dazu Karl-Heinz Berkow, der seine Tochter sucht, dabei mit dem DDR-typischen Beutel herumläuft und den bevorstehenden Untergang nur mit Klarem aushält.
Unsere Empfehlung: hingehen und ansehen.
Den Text schrieb Martin Kreusch von der Kulturreederei, der auch Regie führte, nach einer Vorlage von Sven Hornung.
Premiere ist am 3. Oktober um 20 Uhr, weitere Aufführungen: 6. und 7. Oktober, 3., 4., 5., 7. und 9. November, jeweils 20 Uhr. Die Abendkasse öffnet 18.30 Uhr.