Das freie Theater varomodi spielt Büchners Lustspiel „Leonce und Lena“ bis Ende August im Volkspark. Eine gelungene Inszenierung von Anna Siegmund-Schultze zum Abschluss unserer Sommertheater-Serie.
Schwieriges Lustspiel
„Leonce und Lena“ (1836) ist kein einfaches Stück. Für den Leser nicht und für die Bühne auch nicht. Ersterer mag das Werk aus der Hand legen, weil die Dialoge brüchig sind und übers erträgliche Maß hinaus mit Sprache jonglieren. Das Theater wieder muss mit der der Schwierigkeit klarkommen, dass die Figuren Charaktere UND Rollentypen oder Masken sind. Mit den Charakteren fühlen wir mit, die Masken wenden alles ins Komische.
Der Inszenierung von Anna Siegmund-Schultze ist es gelungen, das Stück in der Schwebe zu halten, Komisches und Empfindsames gleichermaßen gelten zu lassen. So verkraftet die Inszenierung auch Überzeichnungen (wie die des Präsidenten oder der Gouvernante), ohne ins Lächerliche abzugleiten.
Heiraten oder nicht heiraten
Prinz Leonce vom Miniatur-Königreich Popo flieht aus seinem inhaltslosen Leben mit dem Taugenichts Valerio vor seiner Verheiratung (mit Prinzessin Lena vom Königreiche Popo) nach Italien, ins Land Vergils, den Sehnsuchtsort der deutschen Klassik. Unterwegs begegnet er der gleichfalls vor ihrer Verheiratung (mit ihm) geflohenen Prinzessin Lena, sie finden einander über dieselbe romantisch aufgeladene Sprache, heiraten mit Valerios Hilfe als Automaten hinter Masken. Die Einwilligung des Königs bekommen sie, weil er sich die für den Hochzeitstag geplante Freude nicht verderben lassen will. Alle erfahren erst am Schluss, dass die füreinander Vorgesehenen verheiratet wurden.
Zeitalter des Müßiggangs
Leonce und Lena stehen starr, als sie merken, dass ihre freie Entscheidung eine Illusion war. Der Zuschauer fühlt ihr Entsetzen nach und kann doch über die Komik der Geschichte lachen.
Valerio, dem das Amt eines Staatsministers verspochen ist, verkündet ein Zeitalter des Müßiggangs, in dem, „wer sich krank arbeitet, kriminalistisch strafbar ist“ und „jeder, der sich rühmt sein Brot im Schweiße seines Angesichts zu essen, für verrückt und der menschlichen Gesellschaft gefährlich erklärt wird“. Was für eine Utopie! (Das schreit doch nach dem bedingungslosen Grundeinkommen!)
Die Bezüge auf die großen Fragen und die Dichtung der (Büchner-)Zeit sind zahlreich. Die Inszenierung versucht nicht, sie zu erklären. Sie lässt sie ihm Spiel mitschwingen. Kostüme, Bühnenbild und Musik (viel Schubert) schwingen mit. Schön. Ein anregendes und gelungenes Stück Nicht-Regie-Theater.
Unbedingt ansehen!
Termine: 21., 22., 23. ,29., 30. August und der 2. September.