Ein Party-Veranstalter hat es nicht leicht. Er muss alles organisieren: Raum, Musik, Deko, Getränke und je nach Uhrzeit Happen für den kleinen oder großen Hunger. Den Freiwilligen der Störung erging es zur Zweijahresfeier am 24. Januar nicht anders. Was aber machen, wenn das Budget schon für die nächste Ausgabe eingeplant ist?
Die Antwort war ein Mitmach-Buffet mit zwei "Nahrungsquellen". Zum einen brachte ein jeder Gast ein bisschen von seinem häuslichen Essenschatze mit. Zum anderen wurde gut die Hälfte aus der Mülltonne geborgen.
Essen aus dem Müll?
Ja! Genauer gesagt, containert. Die Mülltonnen und Container stehen an Lebensmittelmärkten und sind manchmal nach Ladenschluss reichlicher gefüllt, als so manch einer vermuten mag. Denn diese Lebensmittelketten werfen nämlich alles weg, was ihnen nicht mehr passt. Verständlich, wenn es sich um Verdorbenes handelt, was jedoch nicht immer der Fall ist.
Läuft ein Brokkoli ein bisschen braun an, weiß die kluge Hausfrau/der kluge Hausmann: Das Braune kann ab, der Rest wird heute gekocht. Die Lebensmittelkette reduziert diese "Weisheit" auf: Der komplette Brokkoli muss weg.
Und so geschieht es, dass Obst, das schon ein bisschen liegt, in die Tonne fliegt. Äpfel habe eine Delle – weg! Kartoffeln sprießen leicht – weg! Der Salatkopf hat ein braunes Blatt – weg! In der Eierpackung ist ein Ei kaputt, alle anderen neun essbar – weg! Die Zucchini hat vom Transport einen sichtbaren Kratzer – weg! Weg, weg, weg!!! Alles was nicht in die Verkaufsnorm passt, landet im Müll. Auf dem Bild ist zu sehen, was an einem Tag an drei verschiedenen Lebensmittelläden gefördert wurde.
Containert wird aus zwei Gründen
Den Konzernketten will ich keinen Strick daraus drehen. Das Mindesthaltbarkeitsdatum z.B. dient dem Hersteller-Versicherungsschutz. Außerdem ist es schon verständlich, dass eine Tomatenrispe mit zwei schimmeligen, aber drei verzehrbaren Tomaten weggeworfen wird. Gewisse Qualität will jede Firma bieten.
Auf der Gegenseite will ich auch denen, die containern gehen, nicht zu nahe treten. Containert wird, soweit ich das beurteilen kann, aus zwei Gründen. Zum einen aufgrund der recycelten Verantwortung, die man für einen unverantwortlichen Umgang mit Lebensmitteln erhält. Zum anderen, weil es Menschen gibt, die darauf mehr oder minder angewiesen sind, weil sie sonst nicht genug Geld zum Leben haben. Ein Dilemma in unserer Lebensmittelpraxis ist entstanden!
Diese vertrackte Situation muss entschärft werden! Es muss möglich sein, diese verwertbare Nahrung zu nutzen, ohne kriminell zu werden (was containern leider ist). Es wäre möglich, "minderwertige" Ware preisgünstiger anzubieten oder zu spenden. Letzteres mit der Maßgabe, dass Essenspende-Akteure (wie bspw. "Die Tafel") die Verantwortung übernehmen, diese Ware zu kontrollieren, damit der Konzern keine rechtlichen Konsequenzen fürchten muss.
Würden diese oder andere Maßnahmen gesetzlich in Angriff genommen werden und würden sie bei einer zahlenmäßig gewissen kritischen Masse publik werden, so hätten die Konzerne ein derbes Problem: Ihren Profit! ‚Warum denn für die gleiche Qualität mehr zahlen?‘, wird sich der Kunde irgendwann denken.
Angesagtes Nischenphänomen
So bleibt "Containern" erst einmal ein Nischenphänomen, meist junger Leute, die keine Skrupel haben, mit Einweghandschuhen und Taschenlampe um die Supermärkte zu ziehen und für sich, ihre WGs und ihre Partys Leckeres zu erbeuten.
Den Besuchern der Party zum zweiten Geburtstag der 'halleschen störung' hat es jedenfalls gemundet.
Probieren Sie auch mal, aus/in der Mülltonne bei Aldi & Co etwas zu finden, aber lassen Sie sich nicht erwischen!
Matthias W. für die hallesche störung
Man glaubt es vielleicht nicht, aber die Qualität der containerten Produkte war teilweise besser als das was in so manchem Supermarkt Regalen zu finden ist.
http://positivenews.org.uk/2015/environment/food/17067/wonky-fruit-veg-hits-uk-supermarket-shelves/
wäre auch eine gute Idee für Supermärkte in Deutschland