„Hasi bleibt!“ - Wohl kein anderes innerstädtisches Thema bestimmt die Diskussionen in Halle so sehr wie dieses. Oft wurde ich von Freunden angesprochen, von Mitmachern der Hasi angeschrieben. Lange war mein Standpunkt zum Erhalt der Hasi eher neutral. Ich wollte mich weder gegen dieses Projekt stellen noch öffentlich meine Solidarität bekunden.
Leider muss ich zugeben, dass ich irgendwie noch nicht geschafft habe, mir diesen Ort selber anzuschauen. Ich würde mir auch wünschen, dass andere nicht so harsch öffentlich gegen ein Projekt wettern würden, welches sie nicht besucht haben, sich nicht selber ein Bild davon gemacht haben.
Meine Meinung ist inzwischen eine andere.
In der Vergangenheit organisierte ich Konzerte und half bei anderen kulturellen Veranstaltungen an so wundervollen Orten wie der Papa Dula Bar, dem Theater Mandroschke, dem La Bim, der Mojo Bluesbar. All diese Orte gibt es nicht mehr. Aus unterschiedlichsten Gründen: weil der Vermieter keine Feuertreppe anbauen wollte, weil neu hinzugezogene Nachbarn sich über den Lärm beschwerten, den es vor ihrem Zuzug schon seit vielen Jahren dort gab, weil das Grundstück an einen Immobilieninvestor verkauft werden soll, um Luxuswohnungen zu bauen, oder einfach weil die Betreiber keine Kraft mehr hatten, weiter im kleinen Rahmen für den Erhalt der Kultur zu kämpfen. Mich stimmt dies sehr traurig.
Auch der Peißnitzhaus e.V. gründete sich vor vielen Jahren auf ähnlichen Weise wie die Hasi.
Nun wirke ich seit einiger Zeit am Peißnitzhaus als Kulturschaffender im Ehrenamt mit. Leben kann man von dieser Aufgabe nicht. Auch der Peißnitzhaus e.V. gründete sich vor vielen Jahren auf ähnlichen Weise wie die Hasi. Ein paar Leute, von anderen Hallensern (auch von mir) als Verrückte bezeichnet, gründeten einen Verein, um das ehemalige Pionierhaus auf der Peißnitz vor dem Verfall zu bewahren. Nach vielen Jahren der Vernachlässigung (schon seit den Zeiten vor der Wende) und 10-jährigen Leerstand befand sich das Haus in einem katastrophalen Zustand. Die kleine Gruppe „Verrückter“ packte gemeinsam an und beräumte den Dreck aus dem Haus, sicherte dieses und begann mit Würstchenverkauf und ganz kleinen Veranstaltungen auf dieses Projekt aufmerksam zu machen. Der Gegenwind ein ganz ähnlicher wie heute bei der Hasi.
Solche Plätze sind enorm wichtig.
Heute, 15 Jahre später: Das Peißnitzhaus ist erblüht. Viele Hallenser zieht es immer wieder dorthin. Es ist ein Ort der Begegnung, des Lebens, der Vielfalt, der Kultur, des Miteinander und ein wunderbarer Ort, um sich zu engagieren. Die Hallenser haben in Umfragen zweimal in Folge das Peißnitzhaus zum familienfreundlichsten Ort der Stadt Halle gekürt. Möge dieser Ort der Hallensern erhalten bleiben.
Solche Plätze sind enorm wichtig. Sie erfüllen die Stadt mit Leben. Geben den Bewohnern die Möglichkeit sich zu verwirklichen, abseits des Arbeitsalltags und der Ausbildung, geben freier Kultur einen Raum, und auch einfach die Gelegenheit, sich zu entspannen.
Im letzten Jahr haben sich Kulturausschuss der Stadt Halle, der Stadtrat und die Stadtverwaltung gemeinsam entschieden den Etat für Fördermittel für die freie Kulturszene drastisch zu erhöhen. Ein guter und lobenswerter Schritt. Hier wurde erkannt, dass die kleine, freie, unkommerzielle Kultur ein wesentlicher Bestandteil urbanen Lebens ist. Das diese dazu beiträgt, dass Menschen sich in Halle wohlfühlen.
In der Innenstadt sind diese Orte nicht erwünscht
Die freie Kulturszene ist Platz für Laienschauspieler, die neben ihrer Erwerbsarbeit einfach mal Theater spielen wollen, für junge Musiker, die erste Auftrittsmöglichkeiten suchen, für Kunststudenten, die ihre Werke austellen und der Öffentlichkeit präsentieren wollen, für Kinder, die bei Zirkusprojekten ihrer Kreativität freien Lauf lassen können…. Und vieles mehr.
Doch wo soll diese Kultur stattfinden, wenn die Räume, wenn die Orte dafür verschwinden und wenn keine neuen Räume dafür entstehen. In der Innenstadt sind diese Orte nicht erwünscht und bereits verschwunden: Papa Dula Bar, La Bim, Mojo… Nun sind sie auch abseits der Stadtmitte unerwünscht.
Sicher haben sich die Macher der Hasi, junge Menschen, mit viel Naivität und viel Unwissen über Auflagen und Bestimmungen an dieses Projekt gestürzt. Doch dies sicher nicht mit böswilligen, kriminellen oder linksextremen Absichten, wie von so vielen in Internetforen und auf Facebook behauptet. Vielmehr eben um gemeinsam ein dem Verfall preisgegebenen Haus zu erhalten und wieder aufzubauen, um miteinander einen Ort der Begegnung und der freien Kultur zu erschaffen, um gemeinsam eine Idee zu leben. Ganz ähnlich wie die „Verrückten“ vom Peißnitzhaus e.V. damals, denen ich heute übrigens sehr dankbar bin, dass sie dieses Schritt gegangen sind, hat mein Leben doch dieser Ort und diese Menschen erheblich bereichert und mich ein ganzes Stück glücklicher gemacht.
auf diese jungen Menschen zugehen
Leider kann ich hier nur für mich sprechen und nicht für den ganzen Peißnitzhaus Verein. Auch hier gibt es leider einzelne Stimmen (zum Glück nur ganz ganz wenige), die gegen den Erhalt der Hasi sprechen. Eben auch, da sie sich die Meinung nicht vor Ort gebildet haben, sondern aus den Meinungsäußerungen anderer in Internet und Zeitung. Oder auch da sie in den Gründungsjahren des Peißnitzhaus Vereins nicht dabei waren.
Ich selber kann aber sagen, dass ich dafür bin, dass „HASI BLEIBT!“. Und ich wünsche mir, dass HWG, SPD und Stadt hier nicht blind dagegen wirken, sondern vielmehr auf diese jungen Menschen zugehen, ihnen dabei helfen, Auflagen zu erfüllen, um einen neuen bunten und für alle offenen Ort der Begegnung und freien Kultur für und mit den Hallensern zu schaffen.
Thorsten Jahnke