Ich hatte mir letztens so gedacht, das Thema mal von der anderen Seite anzugehen. In der Regel sprechen Menschen mit einem trans Hintergrund eher von Diskriminierungen. Die gibt es und die erlebt jede Minderheit. Von daher sind wir keine Ausnahme. Ich habe die Privilegien in der Rolle eines Mannes gehabt und habe mich bewusst in eine Minderheit begeben.
Gerade trans Frauen wie ich, die erst später mit der Hormontherapie beginnen konnten, standen Jahrzehnte unter dem Einfluss von Testosteron. Wenn ich weiblich gekleidet durch Halles Staßen gehe, falle ich natürlich mit der Körpergröße und Physiognomie auf und das verunsichert manche Menschen.
Ich habe die Privilegien in der Rolle eines Mannes gehabt und habe mich bewusst in eine Minderheit begeben. Das führt dann bei anderen Menschen zu solch
Ungeheuerlichkeiten, dass vor Weihnachten eine befreundete trans Frau an ihrer Wohnungstür in Halle die Schmiererei "Transen ins Gas" vorfand. Oder ihr von einem Mann mit der Hand auf der Schulter im Sommer gesagt wurde:" Wenn wir erst an der Macht sind, seid ihr die Ersten, die wir tot machen." Der Mann war Familienvater in der Nähe Halles, gut situiert.
Fakt I: Ich habe die Privilegien in der Rolle eines Mannes gehabt und habe mich bewusst in eine Minderheit begeben.
Ich habe also den Vergleich, weiß, wie es sich anfühlt, privilegiert zu sein und weiß auch, wie sich die Diskriminierungen anfühlen, die ich jetzt als trans Frau erlebe, gerade weil ich als solche sichtbar bin. Und ich kann sehr deutlich Menschen mitteilen, die abfällig über Minderheiten reden, dass es manchmal relativ schnell gehen kann, einer solchen anzugehören.
Mensch sein wird von Erfahrungen geprägt. Viele Menschen haben die Chance eines solchen Perspektivwechsels männlich/weiblich nicht. Ich hatte sie.
Trans-Sein ist kein Hype, keine Modeescheinung, trans-Sein ist erst einmal eine riesige Verunsicherung
Die Entscheidung zur Hormonersatztherapie und später zur möglichen geschlechtsangleichenden Operation, die Entscheidung zur Vornamens-und Personenstandsänderung stellt uns vor Herausforderungen, die nicht aus Jux und Tollerei gewählt werden. Die aktuelle Debatte nach dem Erscheinen von Artikeln über Trans in der letzten Ausgabe der "Emma" im Dezember letzten Jahres zeigte, dass die wenigsten nicht betroffenen Menschen in der folgenden Debatte in den sozialen Netzwerken Ahnung von Transsexualität oder Transidentität haben.
Trans-Sein ist kein Hype, keine Modeescheinung, trans-Sein ist erst einmal eine riesige Verunsicherung, wieso fühle ich mich weiblich, obwohl ich einen männlichen Körper habe oder umgekehrt, wieso weiblich bei einem männlichen? Wieso fühle ich vielleicht sogar weder das eine noch das andere? Das bedeutet Scham, das bedeutet eine existenzielle Verunsicherung, das bedeutet Angst vor Öffnung, Angst vor dem Verlust geliebter Menschen, Angst vor verbalen und körperlichen Angriffen, Angst vor der Infragestellung des eigenen bisherigen Lebens. Und es bedeutet tatsächlich erst einmal Verlust.
Geschlecht wird wieder als angeborene, unverrückbare Körperlichkeit manifestiert, die Sicherheit verspricht.
Die Geschichten vom biologischen Körper werden momentan durch manche Feministinnen wieder aufgewärmt. Die, die Jahrzehnte vorher für Selbstbestimmung und gegen die Festlegung auf eine bestimmte Rolle gekämpft haben, werfen uns trans Frauen vor, wir würden als getarnte Männer in ihre mühsam erkämpften Räume eindringen. Es herrscht Verunsicherung. Geschlecht wird wieder als angeborene, unverrückbare Körperlichkeit manifestiert, die Sicherheit verspricht. Die erwiesene Erkenntnis, dass das Geschlecht nicht zwischen den Beinen, sondern zwischen den Ohren sitzt (Milton Diamond), wird vehement bekämpft.
Politik reagiert schwerfällig, auch hier sahen wir im letzten Jahr massive Ängste von Politikern (von Politikerinnen sind mir diese Ängste nicht bekannt), die Personenstandsangelegenheit zu erleichtern und das entwürdigende Transsexuellengesetz abzuschaffen (bis 2011) musste zum Beispiel jeder Mensch, der eine Vornamens-und Personenstandsänderung anstrebte, sich zwangssterilisieren lassen). Durch die Hintertür des geänderten Personenstandsgesetzes kommt jetzt Bewegung in die Sache, es scheint so, dass wir jetzt wie intersexuelle Menschen über das Standesamt den Vornamen und Personenstand endlich gesichert ändern können. Aber all dies nur nach Kämpfen, Gutachten vor Gericht, Strafandrohungen von politischer Seite gegen Ärztinnen und Ärzte, die uns zur Seite standen.
Wir wissen, dass diese Menschen nichts von uns wissen
Fakt II: Wir haben die Chance, Krisen bewusst anzugehen und sie auch zu bewältigen und können das nur, weil wir uns unserer Geschlechtsidentität nach langen inneren Kämpfen sicher sind.
Menschen begegnen uns verunsichert - rechts, christlich fundamentalistisch oder konservativ orientierte sprechen von Frühsexualisierung und Gender-Gaga. Wir aber wissen, dass es uns gibt und auch immer schon gab, wir wissen, dass Geschlechtsempfinden vielfältig ist, wir wissen, dass Kinder keinen Schaden nehmen, wenn sie von uns erfahren, denn wir waren selbst einmal Kinder und niemand hat uns damals erklärt, was trans-Sein ist. Hätte man uns das, uns wäre viel Leid erspart worden.
Wir wissen, dass diese Menschen nichts von uns wissen, wir wissen aber auch, dass diese Menschen uns bewusst schaden wollen, indem sie Feindbilder konstruieren. Wir wissen, dass die AfD das zunehmend forciert.
Die zweite, diesmal richtige Pubertät begann
Meine Hormonersatztherapie hat mir vor fünf Jahren eine neue Welt eröffnet. Seitdem ich Östrogen nehme, wurden die Farben bunter, die Wahrnehmung von Landschaft veränderte sich, Ich sah tatsächlich mehr, die Gespräche wurden intensiver, sogar die Wahrnehmung des eigenen Ichs veränderte sich. Dahingegen schwächte der Testosteronhemmer Androcur den Körper. Es kam zum Muskelabbau, zu temporären Schäden in der Körperwahrnehmung, Simmungsschwankungen. Die zweite, diesmal richtige Pupertät begann. Trans Frauen der Trans-Inter-Gruppe in Halle, die ich leite, sprechen von teilweise massiven Einschränkungen der Leistungsfähigkeit im ersten Jahr der Therapie.
Nach meiner geschlechtsangleichenden Operationen im letzten Jahrs und fast drei Monaten Schmerz und Beeinträchtigung komme ich so langsam wieder auf die Beine. Seit Weihnachten bin ich nach der Krankschreibung wieder im Dienst als Krankenschwester in der Intensivpflege.
Fakt III: Wir wollen Veränderung und erleben Verluste.
Familienmitglieder und Freunde brechen zu einigen von uns den Kontakt ab. Wir haben aber durch diese Verluste und gesundheitlichen Einschränkungen die Chance, zu wachsen und das in einem sich wandelnden Körper, den wir uns sehnsuchtsvoll schon lange gewünscht hatten. Wir erleben weibliches Denken, wo früher abgewehrtes männliches war oder umgekehrt. Wir haben die Chance, unseren Körper neu zu entdecken.Und wir gewinnen dazu, neue, aufgeschlossene Menschen kommen in unser Leben. Und das Gefühl, endlich "Ich" zu sein, ist grandios.
Fragt uns und seid offen. Mensch-Sein ist vielfältig.
Fazit: Trotz all dieser Einschränkungen, Diskriminierungen und Verluste hat trans-Sein ein Potential, das unübersehbar vielfältig und lebensbereichernd ist und uns in eine Entwicklung bringt, die niemand am Beginn der Transition erahnen kann. Und: trans-Sein ist vielfältig, jeder Mensch wählt seinen eigenen Weg und ja, selbst die Möglichkeit, an alte Wege wieder anzuknüpfen, gibt es.
In diesem Sinne, werdet neugierig, denn ihr wisst nicht, wie wir sind. Fragt uns und seid offen. Mensch-Sein ist vielfältig. Geschlechtsempfinden auch.
Elna Maria Rackwitz
DANKE, dem kann ich nichts mehr hinzufügen.
Transpersonen sprechen sich nicht gegen das biologische Geschlecht aus. Wo nehmen Sie diesen Gedanken bitte her? Ah ja, Sie erwähnten ja die AFD, die Ihre Meinung nach harmlos für die Gesellschaft ist. Wissen Sie schon, dass die Partei offen dafür wirbt Gender-Studies abzuschaffen ggf, zu verbieten? Das würde im Übrigen mehr als nur Transpersonen betreffen.
Das TSG ist gewiss nicht sinnvoll und schützend, sondern eine Einschränkung. Es ist wissenschaftlicher Fakt, dass Fremdbestimmung nicht funktioniert. Wobei ein wohl denkender Menschenverstand keine Wissenschaflter dazu braucht, aber es ist auch recht nett, dass das so on Top im Raum steht. Das TSG sieht aber vor, dass andere Menschen, über das Geschlecht urteilen. Fragen Sie sich mal selbst, ob das bei Ihnen geht!
Das TSG wurde in Teilen zudem von den obersten Gerichten mehrfach für Verfassungswidrig und diskriminierend befunden. Sie sehen, dass ist keine Verteufelung von Transpersonen, es ist rechtsstaatlich benannt, so wie man Björn Höcke bis auf weiteres als faschistisch bezeichnen darf.
Die Reformierung des TSG ist ebenso eine wiederholte richterlicher Anordnung und die Umsetzung lässt seid Jahrzehnten auf sich warten. So viele Menschen, die sich damit ebschäftigt haben und schlechtes darin sehen und Sie verkennen die Diskriminierung, die darin liegt. Das TSG hat nicht viel mit Menschewürde zu tun. Aber jene ist der erste Grundsatz unserer Grundrechte. Sei verkennen also, dass alles weitere damit vereinbar sein muss - auch das TSG, oder wie auch immer es in Zukunft benannt sein wird.
Auch gibt es keine hohe Anzahl von Fällen, die etwas bereuen, sich verirrt haben, wie Sie es nennen. Das ist der größte Unsinn, den ich immer hören muss. Man muss ein psychologisches Gutachten erstellen lassen, damit man an die notwendige medizinische Versorgung gelangen kann. Die Kontrolle ist aus medizinsicher Notwendigkeit gegeben und da sollte sie aber auch bleiben. Nichts desto trotz, in der Tat hat auch die Medizin noch eine Menge dazuzuleren und zu verbessern. Wie auch immer, wenn Sie mit Verwirrten all jene meinen, die auf Gaudi-Basis, wie Sie so verachtend formulieren, einfach mal Hormone nehmen, dann reden wir hier nicht mehr von Trans. Dann schmeißen Sie scheinbar alles in einen Topf.
Fakt und viel schlimmer ist, dass Transpersonen gibt, die sich das Leben nehmen, weil sie nie den Mut finden. Das zu verhindern ist Aufgabe der Medizin und Politik, die sich dem Schutz seiner Bürger verschrieben hat. Das TSG hat zu viele Hürden und derzeit können Transpersonen froh sein, dass da nicht jeder Arzt und jede Instutition nach diesen diskrimnierenden Regeln 1:1 spielt.
Ihre Andeutungen sind für mich daher der blanke Hohn.
Gaudi-Basis: also Schwarz? Das macht keiner zum Spaß! Kein Hype! Keine Modeerscheinung! Es lässt sich auch keine ein Baby in die Bauch setzen nur so zum Spaß. Wenn Sie sich jetzt bezüglich des Vergleichs fragen sollten. Es geht um schwerwiegende körperliche Veränderungen. Frauen gehen mit Schwangerschaften evtl. Lebensrisiken und ggf. anhaltende Beeinträchtigungen ein. Da kommt auch keiner auf "Gaudi-Basis" - so ein Mummpitz! Und nur so am Rande - es gibt auch Transfrauen die gerne Schwanger sein wöllten, was leider nicht geht. Auch nur "Gaudi-Basis"?
Aaach wissen Sie, auf Ihren plumben Kommentar weiter einzugehen, macht keinen Spaß. Der strotz nur so von populistischer Polemik, sowie Unkenntis und zweifelhaften Schilderungen.
Das Sie Trans sein sollen, nehme ich Ihnen nicht wirklich ab. Ihre Verharmlosung der AFD und die Falschdarstellungen >>Als Transfrau wollte ich nie zwischen Geschlechtern wandeln ...<>Übel droht uns ... nicht aus der AfD<>Transgender-Ideologie<>TSG als "Diskriminierung" verteufelt<>auf Gaudi-Basis ablaufen<< sind dafür die bessten Indizien.
Man soll immer mit etwas Positivem aufhören, daher:
Liebe Elna Maria Rackwitz. Vielen Dank für Ihren tollen Artikel und lassen Sie sich bitte nicht von sowas ärgern. ^_~
"Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse, in Zeitungen und Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten."
Gothe zu Eckermann