Klimaneutralität bis 2040? – Ist viel zu spät, finden viele Bewohner*innen der Stadt Halle. Ein Klimaschutzrat soll den Prozess beschleunigen und alle an einen Tisch bringen.
Derzeit wird im Stadtrat das neue energie- und klimapolitische Leitbild diskutiert. Darin steht, dass Halle bis 2040 klimaneutral werden soll. Die Bürger*inneninitiative HalleZero e. V. reicht zu diesem Anlass eine Petition mit 2 710 Unterschriften ein, in welcher sie fordert, dass Halle dieses Ziel bereits bis zum Jahr 2030 erreicht. Am 07.Dezember übergab sie ihre Unterschriften dem Oberbürgermeister Egbert Geier.
Ein modernes und klimaneutrales Halle bis 2030 fordern Bewohner*innen aus Halle in der Petition. Sie wünschen sich eine lebenswerte Zukunft, ohne Stress im Verkehr sicher und schnell von A nach B zu kommen, im Grünen, aber zugleich auch mitten in der Stadt zu leben, und das in Ruhe und mit sauberer Luft, mit verlässlicher und bezahlbarer Wärme- und Energieversorgung. Das alles ohne Klimaangst und schlechtes Gewissen. Somit fordern sie die Einhaltung der international vereinbarten 1,5°C-Grenze, welche verhindern soll, dass die Menschheit die Kontrolle über eine weitere Klimaerhitzung verliert. Dazu müsste Deutschland eigentlich bis spätestens 2035 klimaneutral sein.
Mit ihrer Vision eines Klimaschutzrates wollen sie so bald wie möglich alle relevanten Akteur*innen der Stadt an einen Tisch bringen, um sich gemeinsam Maßnahmen zu überlegen und in die Umsetzung zu bringen. Mithilfe des Klimaschutzrates soll auch das kommunale Klimaschutzkonzept fortgeschrieben werden. So können die Lebensgrundlagen der Hallenser*innen sichergestellt und kann die Stadt fit für die Zukunft gemacht werden.
Arian Feigl-Berger, EU-Klimabotschafterin und Gründungsmitglied von HalleZero sagt: „Beim Unterschriftensammeln für unsere Petition haben wir immer wieder festgestellt, wie groß das Interesse an ambitionierterer, aber auch demokratischerer Klimapolitik in der Bevölkerung ist. Die Leute wollen mitreden.“
In diesem Kontext steht auch das neue klimapolitische Leitbild der Stadt, das gerade im Stadtrat liegt. Darin soll 2040 als neue Zielmarke für die Klimaneutralität gesetzt werden. HalleZero begrüßt zwar, dass das Ziel nun früher als zuvor geplant erreicht werden soll. Es fehlt jedoch eine überzeugende Strategie, mit der die Klimaneutralität in den kommenden Jahren auch tatsächlich erreicht werden kann. Trotz begrenzter Ressourcen und Kompetenzen muss die Stadt stärkere Impulse setzen, um konkrete Maßnahmen rechtzeitig herbeizuführen.
„Wir wissen, wie sehr sich das Dienstleistungszentrum Klimaschutz und auch andere Akteure bemühen. Aber das ändert nichts daran, dass wir zu langsam sind.", so Maria Schubert, Sprecherin des Politik-Teams von HalleZero erklärt. Das CO2-Budget, das Halle für einen fairen Beitrag zum 1,5°C-Ziel noch verbrauchen könne, sei bei der derzeitigen Tendenz 2029 ausgeschöpft. Um die Klimakrise zu bewältigen, müsste die Stadt schneller werden. Das gehet nur, wenn "wir als Stadtgesellschaft insgesamt mehr und enger zusammenarbeiten. Der Klimaschutzrat soll dafür die strukturellen Grundlagen schaffen.“
Nach langen Verhandlungen konnten sich das Klimabündnis und die Stadt im Spätsommer 2022 auf ein grobes Konzept für den Klimaschutzrat einigen. Geplant ist demnach der Aufbau eines Gremiums mit mehreren themenspezifischen AGs, in denen verschiedene städtische Akteur*innen gemeinsam Maßnahmen und Projekte zum Klimaschutz entwickeln, die sie dann möglichst auch direkt umsetzen. Die Transparenz und die Bürger*innenbeteiligung beim Klimaschutz sollen ausgebaut werden. Entstehen soll eine Gesamtstrategie, die von der Stadtgesellschaft aktiv mitgestaltet und breit getragen wird.
Da der geplante Klimaschutzrat aber weder allein durch die bestehenden Stellen der Stadt noch ehrenamtlich organisiert werden kann, ist im nächsten Schritt die Beantragung von Fördermitteln für eine professionelle Koordination des Rates vorgesehen. HalleZero möchte dafür gemeinsam mit der Stadt und den kommunalen Unternehmen einen Förderantrag über die Kommunalrichtlinie stellen. Etwa 260.000 € Projektkosten für drei Jahre sind veranschlagt, davon können 80 % als Zuwendung aus Bundesmitteln gewährt werden.
Die bei HalleZero angesiedelte AG Klimaschutzrat bereitet derzeit unter Hochdruck alles für die Beantragung der Fördermittel vor. „Wir müssen noch die kommunalen Unternehmen überzeugen, die Trägerschaft des Projektmanagements muss geklärt und die Eigenmittel für die Stadt und HalleZero e. V. in Höhe von jeweils ca. 7.500 € müssen eingeworben werden“, so Schubert, die das Projekt Klimaschutzrat bei HalleZero betreut. „Wir hoffen, die Anträge im Januar stellen und ab Frühjahr 2023 mit dem Aufbau des Klimaschutzrates beginnen zu können.“
Klar ist: Um das 1,5°C-Ziel einhalten zu können und zu verhindern, dass Kipppunkte im Klimasystem erreicht werden, muss die Transformation hin zur Klimaneutralität beschleunigt werden, auch in Halle. Das kann trotz begrenzter Mittel gelingen, aber nur, wenn die vorhandenen Ressourcen gebündelt werden sowie die Zusammenarbeit der Akteur*innen verbessert und die Zivilgesellschaft stärker miteinbezogen wird.
Unter dem Namen HalleZero schlossen sich im ersten Lockdown 2020 über unzureichende Klimapolitik besorgte Eltern, Großeltern und junge Leute zusammen, um Klimaschutz ganz praktisch anzugehen und ihre Stadt bis 2030 klimaneutral zu gestalten. Sie schlossen sich der bundesweiten Organisation GermanZero an, welche einen Klimaplan samt Gesetzespaket für Deutschland ausgearbeitet hat. Seit November 2020 ist HalleZero ein gemeinnütziger eingetragener Verein.