Leider verbinden sich noch Heute in der Vorstellung vieler mit dem Wort "Hühner" nur die Begriffe Eier und Fleisch. Ich möchte hier aber besonders auf die Schönheit des Tieres und auf das Interessante in der Haltung aufmerksam machen und nicht zuletzt die Liebe zu diesen tollen Laufvogel anregen.
Hühnerzucht mit langer Geschichte
Hühner werden schon seit vielen Jahrhunderten gehalten. Für einen Vorfahren unseres Haushuhns (Gallus gallus domesticus) gilt das Bankivahuhn oder auch rotes Dschungelhuhn(Gallus gallus gallus) genannt. Von seiner Heimat Indien aus soll das gezähmte Huhn ungefähr vor 3414 Jahren nach Südasien gelangt sein und sich von dort aus in verschiedene Richtungen verbreitet haben. Die ersten Haushuhnrassen stammen unzweifelhaft aus Indien. Interessant ist, das in Ägypten schon vor 2514 Jahren die künstliche Brut bekannt gewesen sein soll und auch mit Erfolg betrieben wurde. Die Zähmung der Hühner jedoch mag noch viel früher vollzogen worden sein. Der Anstoß dafür war rein wirtschaftlicher Natur - Hühnerfleisch ist essbar. Den Nutzwert der Eier erkannte der Mensch erst später! Sie waren zuerst nur für die Erzeugung der Nachzucht bestimmt. Man hatte aber bald bemerkt, das die Tiere, denen man ihr Gelege (Bruteier) wegnahm, nochmals mit dem Legen begannen. In dem man nun die Eier der gezähmten Tiere wiederholt entfernte, regte man allmählich die Legeleistung an. Züchterische Selektion und günstige Haltungsbedingungen führten zu den heutigen Legeleistungen.
Das Frühstücksei - eine Ausnahme in der Natur!
Wir kreuzten Rassen mit Wildarten und schufen damit neue Rassen. Dabei spielten nicht nur eine hohe Legeleistung und ein großes Schlachtgewicht eine Rolle.
Besonders die Schönheit der Tiere oder auffallende Körpermerkmale und Verhaltensweisen regten die Züchter an. Neben Hunderassen gab es nun auch Hühnerrassen, die mit Leidenschaft heraus gezüchtet wurden. In jahrhundertelanger Arbeit schuf sich der Mensch mit den Haushühnern Schönes und Nutzbringendes. Heute gibt es rund 191 Hühnerrassen!
Hühner legen auch Eier, wenn sie nicht befruchtet werden und das ist etwas ganz Besonderes in der Natur! Während der Mensch seine nicht befruchteten Eizellen mit der Menstruation ausscheidet, so scheidet das Huhn seine nicht befruchteten Eizellen mit dem fertigen Ei aus.
Das perfekte Ei
Das Ei sollte ein intensiv gelb gefärbtes Dotter haben (Nicht mit Orange verwechseln). Den perfekten Geschmack entwickelt das Ei ab dem dritten Tag. Ihr ernährungspsychologischer Wert ist dann am höchsten. An der Größe der Luftblase kann man leicht erkennen, wie alt das Ei ist. In frischen Eiern ist sie ca. 5mm klein. Eier können kühl gelagert problemlos bis zu drei Wochen aufbewahrt werden. Die Ei-Schale lässt sich ab dem vierten Tag besser entfernen. Die beste Lagertemperatur für Eier, die im Haushalt verbraucht werden sollen, liegt zwischen 2 - 8 grad. Wir lagern unsere Eier nicht im Kühlschrank. Warum auch? Nachhaltigkeit bedeutet, das ich meine erworbenen Lebensmittel auch zeitnah verbrauche. Der Ablageort, ihre Aufbewahrung sowie die Verpackung beeinflussen den Geschmack enorm. Ich rate die Lagerung in einem nicht zu trockenen, ungeheizten und dunklen Keller.
In Halle gibt es noch viele Altbauhäuser mit Feuchtraumkellern, die für die Lagerung von Essen vorgesehen waren. Wenn sie nicht bereits kaputt saniert worden...Das selbe gilt für viele Obst-/ Gemüsesorten. Im übrigen ist der tägliche Gang in den Keller auch gut für die Fitness. Die Eier müssen auf der spitzen Seite stehend gelagert werden! Das ist am wichtigsten. Am stumpfen Ende des Eis befindet sich die Luftblase und sollte dort auch bleiben. Deshalb die spitze Seite nach unten in der Eierpackung oder der Halterung im Kühlschrank.
Die verschiedenen Farben der Eier sind genetisch bedingt. So gibt es neben weißen oder braunen Eiern auch grünliche, rötliche, türkise oder mischungen daraus. Reinrassige Hühner mit weißen Ohrscheiben, das sind Hautlappen unter dem Ohr, legen meist auch weiße Eier. Solche mit roten Ohrscheiben meist braunschalige. Bei nicht reinrassigen Hühnern lässt die Farbe der Ohrscheiben dagegen keine Rückschlüsse auf die Farbe ihrer Eier zu. Zwischen der Farbe des Gefieders und der Farbe der Eier besteht kein Zusammenhang. Die verschiedenen Färbungen kommen durch Einlagerung unterschiedlicher Farbpigmente in die Kalkschale zustande. Diese werden aus einer speziellen Schalendrüse abgegeben. Rote Pigmente stammen aus dem Blut, gelbe aus der Galle. Beide Farbpigmente vermischen sich und dabei entsteht ein Braunton. Bei weißen Eiern werden keine Farbpigmente in die Schale eingelagert.
Haltbar ohne Kühlschrank
Für den Winter, wenn die Legeleistung der Hennen nachlässt, können wir Eier auch im rohen Zustand konservieren. Dabei werden die unbefruchteten Eier aussortiert und in Kalkwasser eingelegt oder im Lager-Gewölbe in einer Kiste mit Kalk-Sand Mischung eingegraben. Der Geschmack ist natürlich auch von der Art des Futters abhängig. Günstig wird er durch Milcherzeugnisse beeinflusst. Im natürlichen Lebensraum fressen Hühner Gras, Körner, Würmer, Schnecken, Insekten und sogar Mäuse. Unsere Hühner finden im Hofbereich und dem angrenzenden Naturgarten dieses Futterangebot ohne weitere Hilfe durch uns Menschen. Aber auch wir Füttern zu, besonders im Winter, um eine gleichbleibende Eierqualität zu haben. Dabei kommen wild wachsende Äpfel und Birnen, Quetschhaafer, versch. Getreidesorten und natürliche Mineralmischungen zum Einsatz. Und vor allem: nur ein gesundes und entspanntes Huhn schenkt gute Eier. Der städtische Eier Konsument wünscht sich meistens einen begrünten Auslauf, auf dem die Hühner herumlaufen und ein stressfreies, wenn auch extrem kurzes Leben haben. Das ist ein Mythos und erst recht in der industriellen Landwirtschaft unmöglich umsetzbar!
30 Quadratmeter Fläche pro Huhn
Am Anfang unserer Hühnerhaltung hatten wir einen Hahn und sieben Hühner. Im Zeitraum eines halben Jahres war aus unserem wild bewachsenen Tier-Hofbereich eine 600qm große, pflanzenlose Einöde geworden. Das ist eine normale Entwicklung. Wer dem vorbeugen möchte, der muss mindestens 30 qm Freifläche pro Huhn haben. Aber auch dann wird sich zumindest im Stallbereich kein Gras halten können. 30qm pro Huhn an Freifläche! Das kann nur der ländliche Kleinbauer einhalten, der zur Selbstversorgung und zum Verkauf in geringen Mengen produziert! Nun stellt euch mal vor das die BIO Ei Richtlinien folgendes vorgeben: 2 x 3.000 Hühner je Stallgebäude (Bioland), 1 x 3.000 Hühner je Stallgebäude (Demeter). Das ergibt eine Besatzdichte von 6 Hühnern pro 1 qm begehbarer Fläche nach BIO Richtlinien. Bei Demeter sind es 4,5 Hühner pro 1 qm begehbarer Fläche. Stellt sich die Frage ob das artgerechte Hühnerhaltung ist. Und ich spreche hier von den strengeren Richtlinien. Im übrigen müssen Hühner auch im Winter ins Freie und da sagen die Richtlinen das 10 - 12 Hühner sich auf einem qm die Beine vertreten dürfen...bei einer Herdengröße von mindestens 3.000 Tieren ist das sicherlich KEIN entspanntes Eierlegen und Hühnerleben. Ganz zu schweigen von den Hühner-Lagern mit den Richtlinien der Boden-/Freilandhaltung, die im ländlichen Raum immer wieder als KZ-Hühner bezeichnet werden.
'Glückliche Hühner' ist kein Klischee
Auf Bauernhöfen und Grünflächen wenden wir das Drei-Weide-System an. Hier wird ein großer Auslauf in drei Teile aufgeteilt, von denen die Hühner immer nur zu einem Zugang haben, während sich die anderen regenerieren und neu nachwachsen können. Dabei muss man mit einkalkulieren, das im Winter das Gras nicht wächst. Auch beim Drei-Weide-System werden pro Huhn noch mindestens 20 qm benötigt, um die Flächen einigermaßen vor den scharrenden Hühnern zu schonen. Bei 18 Hühnern und 2 Hähnen macht das schon eine ganze Menge an Platz aus. Aber die hervorragende Eierqualität und glückliche Hühner wiegen alle Zerstörung wieder auf. Im übrigen spart man sich viel Zeit und Bückerei für lästiges „Unkraut“ jäten im Hofbereich. Als ehemaliger Städter mit konventioneller Ernährungsweise kann ich mir sehr wohl ein Bild vom qualitativen Unterschied der Eier machen. Deshalb kommen uns auch nicht mal die so genannten "BIO Eier" ins Haus.
Neben dem Spaß am zusammenleben mit Hühnern und dem Genuss der Eier gibt es ja noch das Fleisch des Tieres. Es ist Fakt das man sich zwangsläufig auch mit dem Thema Tod und töten auseinandersetzen muss! Bei naturgemäßer Haltung der Tiere ist ihr Fleisch unübertroffen schmackhaft und sehr gesund. Ob das Fleisch zart, zäh, trocken ist oder einen Nebengeschmack hat hängt von Rasse, Alter und Fütterung ab. Zu DDR-Zeiten wurde oftmals ausschließlich Fischmehl verfüttert - also ich kann mich noch gut Erinnern wenn die Eier danach geschmeckt und gerochen haben. Gegrillt, gebraten oder gebacken schmecken Junghähne am besten. Bei uns bedeutet Junghahn ein Mindestalter von 12 Monaten zu erreichen. In der industriellen Fertigung würde dieser Hahn bereits als greiser Rentner bezeichnet werden. Die überwiegende Mehrzahl von geschlüpften Küken sind Hähne. Bei uns war bisher jedes sechste Küken eine Henne. Unsere Hühner werden mindestens fünf Jahre alt. Danach singt die Legeleistung in Richtung Null.
Allerdings hat die Frau des Hauses bereits mehreren Hühnern Namen gegeben. Und was einen Namen hat darf leben bis es umfällt. Ab dem 3.Lebensjahr ist Hühnerfleisch dann nicht mehr so köstlich - was aber nur bedeutet, das man es erst kochen muss und danach brät oder ein Suppenhuhn daraus macht. Ach so, Hühner können bis zu 12 Jahre alt werden. Industriell erreichen sie nicht einmal das erste Jahr.
Last but not least - der finale Akt vor dem Fleischgenuss
Nun zum Schlachten. Laut Tierschutzgesetz bin ich verpflichtet dem Huhn zweimal Gewalt anzutun! Erst muss ich das Tier mit einem Rundholz auf den Hinterkopf schlagen um es danach durch einen Schnabelstich oder durch einen Schnitt in die Halsschlagader also das abtrennen des Kopfes, zu töten. Wenn man auf Fleisch nicht verzichten kann dann muss man sich damit beschäftigen, auch als Städter! Im übrigen plädiere ich dafür, das tierisches Menschenfutter wieder lebend in den Supermärkten angeboten wird und vom Konsumenten selber geschlachtet wird. Dann wird sich auch ganz schnell der Konsum und die Preise für tierische Nahrung auf ein nachhaltiges Niveau einpendeln. Allerdings zum Leid der Tier-KZ Betreiber, die dadurch entbehrlich werden würden... Für mich kommt jede Art von tierischer Nahrung nur noch dann in Frage wenn das Tier wild gelebt hat oder vom Kleinbauern meines Vertrauens kommt. Und natürlich die eigenen Nutztiere. Nur dann sitzt man am Essenstisch und fragt sich ob man wirklich mehr als 1 mal pro Woche Fleisch essen muss. Denn nach dem Töten kommt natürlich auch noch das Ausnehmen und Zerlegen der Tiere. All das spielt vor dem Verzehr von Tieren eine wichtige Rolle und ist bei urban lebenden Menschen aus den Köpfen verschwunden. Dank industrieller "Menschenfutter-Produktion" bleibt der Kreatur nur noch ihr Plastiksarg namens Schutzathmosphärenverpackung. Teil 1, Neues „altes Leben“
Der Mensch ist nicht das Maß aller Dinge, sondern Leben inmitten von Leben, das auch leben will (A.Schweitzer)
Heinrich Gallus