Klimacamp Ost auf dem Hallmarkt

Kli­ma­camp Ost auf dem Hall­markt – Moment­auf­nah­me und Gespräch

Seit dem 15. August befin­det sich auf dem gewöhn­lich lee­ren Platz unter­halb der Markt­kir­che das Kli­ma­camp der Orts­grup­pe Hal­le von Fri­days for Future (FFF). Mit dem Camp, einer neu­en Pro­test­form, so wird mir gesagt, wol­le man den For­de­run­gen der Bewe­gung Nach­druck verleihen.

Am Ort

Am war­men Nach­mit­tag des 4. Sep­tem­ber bin ich mit Ole, einem Spre­cher der Orts­grup­pe, ver­ab­re­det. Als ich mich dem Camp nähe­re, steht dort ein älte­res Paar, das sich mit einem der Akti­vis­ten unter­hält. Wun­der­bar, den­ke ich, die Hallenser*innen neh­men Anteil. Ich war­te kurz und fra­ge dann nach Ole. Der ist nicht da, aber Akti­vist Niels kann mit mir reden. Ich bin froh, denn ich wäre viel­leicht ohne Ansprech­part­ner nicht in die Wagen­burg vor­ge­drun­gen, in der etwa sechs bis acht Jugend­lich rela­xed mit­ein­an­der beschäf­tigt sind. (Ich glau­be, ich hat­te mehr hei­li­gen Ernst erwar­tet.) Wir umge­hen eine offe­ne Müll­kis­te und set­zen uns vor die Küche. Ein Wes­pen­volk ist unterwegs.

Sinn und Zweck

Die Orts­grup­pe Hal­le woll­te ihrer­seits stär­ker aktiv wer­den, erfah­re ich, und hat sich für die Akti­on Kli­ma­camp ent­schie­den. Ande­re Orts­grup­pen, z. B. aus Bit­ter­feld, hät­ten sich für das Camp enga­giert und so sei der Zusatz „Ost“ anstel­le von Hal­le ent­stan­den. Bis­her habe man nur For­de­run­gen an die Stadt Hal­le  und das Land Sach­sen-Anhalt auf­ge­stellt, für „Ost“ ins­ge­samt hät­ten die Sci­en­tists for Future noch kei­ne Zeit gehabt. Sie haben aber  zum Bei­spiel die 2018 erstell­te Kli­ma­schutz­kon­zept der Stadt über­ar­bei­tet. Reak­tio­nen auf die For­de­run­gen habe es bis­lang kei­ne gege­ben. An wen sie den gesandt wor­den sei­en? Per Mail an ein­zel­ne Land­tags­ab­ge­ord­ne­te, erfah­re ich. In Hal­le selbst gehe man zum Bei­spiel zur Ein­woh­ner­fra­ge­stun­de und ver­lei­he dort den FFF-Anlie­gen Nachdruck.

Die Stadt ver­hal­te sich immer­hin offen, was das Camp selbst anbe­lan­ge: Dixi-Klo, Was­ser und Strom gebe es, nach anfäng­li­chen Pöbe­lei­en auch Schutz durch die Poli­zei. Gleich­sam zum Beweis fährt ein Strei­fen­wa­gen vor und erkun­digt sich, ob alles ruhig und in Ord­nung sei. Ist es und das Auto zieht ab.

For­de­run­gen

Die Min­dest­an­for­de­run­gen an die Stadt betref­fen vor allem die Berei­che Mobi­li­tät, Ener­gie und Ernäh­rung. So soll der öffent­li­che Per­so­nen­nah­ver­kehr aus­ge­baut und die Fahr­rad­mo­bi­li­tät unter­stützt wer­den. Die Stadt soll kei­nen Strom mehr aus fos­si­len Ener­gie­quel­len oder aus Atom­strom kau­fen und kli­ma­neu­tra­le Pro­jek­te för­dern. Die Ver­sor­gung öffent­li­cher Ein­rich­tun­gen soll aus vege­ta­ri­schen, vega­nen und öko­lo­gisch her­ge­stell­ten Lebens­mit­teln bestehen.

Die Hallenser*innen

Es gebe posi­ti­ves Inter­es­se und die Aktivist*innen wür­den oft ange­spro­chen, vor allem älte­ren Leu­ten. Auch nega­ti­ves Inter­es­se sei geäu­ßert wor­den: Vor allem habe es Dro­hun­gen und Pöbe­lei­en gege­ben. Man habe das Anlie­gen, in Hal­le zur Bewusst­wer­den über das The­ma Kli­ma­ka­ta­stro­phe bei­zu­tra­gen, die Men­schen anzu­re­gen, über ihren eige­nen Lebens­stil nach­zu­den­ken und, bes­ser noch, aktiv zu werden.

Die Aktivist*innen

Wäh­rend wir spre­chen, pro­biert eine*r von ihnen hin­ter uns das Mega­phon aus. Ich fra­ge nach den Regeln in der Grup­pe: Vor allem dür­fe es kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung geben, höre ich. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on sol­le gewalt­frei sein. Man habe sich z. B. zum kon­se­quen­ten Gen­dern ent­schlos­sen. In der Regel sei­en 5 – 15 Aktivist*innen im Camp, am Wochen­en­de auch mehr. Das Gemein­schafts­zelt bie­te Schlaf­mög­lich­kei­ten für 7 oder 8 Per­so­nen, es gebe eine offe­ne Küche, in der war­mes Essen her­ge­stellt wer­de, unter ande­rem von einem ara­bi­schen Koch.  Zum Essen kämen auch eini­ge Woh­nungs­lo­se und über­nach­te­ten gele­gent­lich. Rund 90 Pro­zent der Lebens­mit­tel bekom­me man geschenkt.

Ca. 40 Pro­zent der Aktivist*innen sei­en Stu­den­ten, 50 Schü­ler und 10 Pro­zent ande­re Per­so­nen. Jeder reg­le für sich, wie er die Teil­nah­me am Camp in sein Leben ein­baue. Mei­ne Gesprächs­part­ner etwa (Ole ist inzwi­schen ein­ge­trof­fen)  besuch­ten die Schu­le und schlie­fen am Wochen­en­de im Camp. Die Schu­len hand­hab­ten Fehl­stun­den für die FFF-Aktio­nen ver­schie­den tolerant.

Die Per­spek­ti­ve

Wie lan­ge man aus­hal­ten wol­le oder kön­ne? Das wer­de der­zeit dis­ku­tiert, aber jeden­falls so lan­ge, wie mög­lich. Die Käl­te wer­de die Aktivist*innen nicht ver­trei­ben. Das Camp bin­de aber eben sehr vie­le Kapa­zi­tä­ten und man müs­se sehen, wie lan­ge man durch­hal­ten könne.

Ich bedan­ke und ver­ab­schie­de mich und stei­ge zum beleb­ten Ober­markt auf, wo das Kli­ma kei­ne Rol­le zu spie­len scheint. Der Eier­mann singt fröh­lich wie immer und die Verkaufsbürger*innen fla­nie­ren. Ich rei­he mich ein. Der FFF-Slo­gan „We are unstopp­a­ble, ano­t­her world is pos­si­ble!” kommt mir in den Sinn. Bald?

 Die nächs­te gro­ße Akti­on ist der glo­ba­le Kli­ma­st­reik am 25. Sep­tem­ber, einem Frei­tag (natür­lich).

 



 

 



 

 

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