Am Tag vor der Großdemonstration für eine ökologische Agrarwende machten Kleinbauern aus Thüringen und Sachsen-Anhalt mit ihren Traktoren einen Zwischenstopp in Halle. Begrüßt wurden Sie auf dem Marktplatz von circa 70 Aktivistinnen und Aktivisten, die zu einer kreativen Auftaktkundgebung aufgerufen hatten.
Mit einer Kunstaktion aus 50 Tierknochen machten die Aktivist*innen der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft ( AbL ) darauf aufmerksam, dass die industrielle Landwirtschaft mit verantwortlich ist für den Schwund an lebendiger Artenvielfalt. Konkret benannt wurden der Rückgang der Biomasse an Fluginsekten um 75 Prozent, die Halbierung der Zahl der Schmetterlingsarten seit 1990 oder die Gefährdung der Acker- und Grünlandbiotope.
Agrarwende ist Gebot der Stunde
Eine nachhaltige Agrarwende ist keine Utopie, betont Jessica Haby als Sprecherin der Hallenser Aktion. „Es gibt ja gar keine andere Möglichkeit weiter zu leben. Der Planet ist begrenzt, unendliches Wachstum gibt es nicht. Deswegen muss es ja zwangsläufig zu einer Umstrukturierung kommen.“
Angesprochen auf die zeitgleich stattfindende „Gegendemo“ der konventionellen Landwirte, zeigt Jessica Haby ein gewisses Maß an Verständnis, wenn auch mit Stirnfalten. „Das ist wie mit der Auto oder Kohleindustrie. Die kommen da nicht raus und stellen auch in Frage dass es höhere Nitratwerte gibt, aus der Angst heraus etwas ändern zu müssen.“
„Es will eben keiner die Verantwortung übernehmen“.
Dass es keine ruckartige Umstellung industrieller Landwirtschaftsbetriebe geben kann sei doch klar, meint Haby. Die AG der bäuerlichen Landwirte habe langfristige Konzepte parat, welche mit den entsprechenden politischen Weichenstellungen über längere Zeiträume etabliert werden könnten. „Aber die Politik versucht das Unvermeidliche eher nach hinten hinausziehen, um sich nicht konfrontieren zu müssen.“ , konstatiert die engagierte Agrarwissenschaftlerin, die als Biogärtnerin in der Region arbeitet. „Es will eben keiner die Verantwortung übernehmen“.
Bauer oder Bäuerin zu sein, bedeutet mehr als die lukrativsten Ideen umzusetzen.
Man muss Zusammenhänge erkennen, Kreisläufe nutzen und den Menschen mit seinem Boden und seiner Umwelt begreifen.
Aus der Pressemitteilung der AG zur Aktion
Darum gilt es für Jessica Haby und ihre Kolleg*innen am 18. Januar wie in den Jahren zuvor lautstark in Berlin für eine entschiedene Agrarwende zu demonstrieren, gegen das Höfesterben und für Gentechnikfreiheit, echten Insektenschutz und einen Pestizidausstieg einzutreten .
Diskussion geht regional weiter
Damit nicht nur in Berlin, sondern auch vor Ort im Agrarland Sachsen-Anhalt produktiv für eine Agrarwende gestritten werden kann, lädt die AG am 1. Februar zu, „Tag der Landwirtschaft“ ein . In der Waldorfschule Halle werden die Konzepte der AbL wie die Agrarforstsysteme vorgestellt und erläutert. Zu einer Podiumsdiskussion mit verschiedenen Parteien ist auch die Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert geladen.