Welche Werte lassen zwischenmenschliche Beziehungen gelingen? Vertrauen, Kooperation, Rechtschaffenheit, Toleranz, Gerechtigkeit – erschallt es als Antwort im Veranstaltungssaal der Händelhalle. Und welche Werte stehen für die Wirtschaft? Geiz, Gewinnsucht, Gier, Macht, Status, Konkurrenz, Egoismus – meint das zahlreich erschiene Publikum.
„Gemeinwohlökonomie ist eine alternative Wirtschaftsordnung, in der die Werte der Wirtschaft im Einklang mit unseren Verfassungs- und Beziehungswerten stehen und sich klar am Gemeinwohl orientieren.“ Diese Definition stammt von Christian Felber. Eigentlich sollte er auf Einladung der Friedrich Ebert Stiftung sein Konzept am 27. Mai in Halle vorstellen. Sicherlich haben ein paar Fans des charismatischen Gründungsmitglieds von attac Österreich umsonst auf ihn gewartet. Anna Berg vom Verein Gemeinwohlökonomie Berlin/Brandenburg sprang kurzfristig ein, gab in ihrem kurzweiligen Vortrag einen knappen Überblick und beantwortete kompetent die überwiegend kritischen Nachfragen aus dem übervollen Saal.
Ihr Gegenüber auf dem Podium ist Raik Neumann von der Bank für Sozialwirtschaft. Er sieht in der Gemeinwohlökonomie eine idealistische Idee, deren Umsetzung in unserem Wirtschaftssystem, das trotz einiger Mängel das best mögliche zu sein scheint, kaum erreichbar sein wird. Anna Berg, Betriebswirtin und Bankkauffrau, gibt sich zuversichtlich: “Viele kleine Schritte sind notwendig. Wichtig ist es loszugehen.“ Neun von zehn Menschen in Deutschland wünschen sich eine Veränderung des Wirtschaftssystems, so eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Vom Denken zum Handeln ist für Anna Berg ein Einübungsprozess. Jeder/jede kann bei sich selbst anfangen und durch entsprechendes Konsumverhalten auf die Wirtschaft einwirken. Engagement in „Energiefeldern“, so heißen die Ortsgruppen der Gemeinwohlökonomistinnen, und demokratische Teilhabe in für alle offenen Wirtschaftskonvents können zur Verbreitung und Umsetzung der Idee, die bisher von ca. 1.600 Unternehmen aufgegriffen worden ist, beitragen.
Auch wenn es so manchem alt gedienten Sozialdemokraten schwerfällt vom Gedanken der alles belebenden Konkurrenz Abschied zu nehmen, ein frischer junger Mann aus dem Publikum bringt es auf den Punkt: „Der Untergang des real existierenden Kapitalismus hat bereits begonnen.“
Solveig Feldmeier
Foto: Nils Wagner
Friedrich-Ebert-Stiftung (FES)
www.christian-felber.at
wikipedia.org/wiki/Christian_Felber