Victoria Jankovicz ist eine Bachelorstudentin. Was sie gerade tut ist jedoch weit mehr als Erziehungswissenschaften zu studieren. Die junge Frau und Mutter zweier Kinder ist (Mitbe)gründerin der freien demokratischen Schule "Reflekta" in Leipzig.
Wie genau diese Schule aussehen soll, welche Probleme sie und andere Menschen des Teams dabei bewältigen müssen und warum sie den Regelschulen damit eine Konkurrenz schaffen wollen habe ich in einem Interview erfragt.
Du bist dabei eine Schule zu gründen. Was für eine Schule genau ist das?
Wir - ein Team aus PädagogInnen, JuristInnen und anderen - wollen eine freie (demokratische) Alternativschule als genehmigte Ersatzschule in Leipzig gründen - die freie Gemeinschaftsschule „Reflekta“. Langfristig soll diese Schule die Klassen eins bis zehn umfassen. Wegen Genehmigungsbedingungen sind vorerst nur die Klassen eins bis vier umsetzbar. Die „Reflekta“ soll im Wesentlichen auf drei Säulen basieren: Erstens - Freies Lernen in einer Angebotsstruktur, zweitens - Fokus auf Gemeinschaftsleben und drittens - Reflexion. Wichtig ist dabei das Prinzip „ein Mensch - eine Stimme“. Die Schulversammlung ist das höchste Organ, alle Regeln werden von der Schulgemeinschaft ausgehandelt und beschlossen.
Was kannst du zum aktuellen Stand der Gründungssituation sagen?
Wir sind dabei, den Trägerverein für unsere Schule zu schaffen. Das heißt: Wir arbeiten gerade an der Satzung, die wir dann im Sommer zur Prüfung einreichen. Sobald Amtsgericht, Finanzgericht und Notar die Satzung abgesegnet haben, sind wir ein eingetragener Verein. Unter dem Dach von „Gemeinschaft Bilden e.V.“ sollen später potenziell auch Projekte wie Kita, Familien- und Kommunalzentrum oder auch Mehrgenerationenwohnen realisiert werden können. Die Schule wird eine Selbstverwaltungsordnung haben.
Warum denkst du, sollte mit der freien (demokratischen) Schule eine weitere Alternative zur Regelschule in Leipzig hinzukommen?
Es gibt ja bereits Alternativschulen in Leipzig, auch eine dezidiert demokratische, die 'Freie Schule Leipzig'. Diese haben jedes Jahr viel zu viele Anmeldungen und eine lange Warteliste. Sprich: Der Bedarf ist eindeutig da. Was die Regelschulen betrifft, können wir eine Reihe von Kritikpunkten aufzählen, angefangen bei Noten, Wettbewerb, Leistungsdenken über fehlende Partizipation bis hin zur allgemeinen Sicht auf Kinder und Lernen. Andererseits kennen wir einige freie Schulen, finden das Modell einfach klasse und sind motiviert, in der 'Reflekta' viele gute Ideen unserer Vorbildschulen aufzugreifen und unsere eigenen zu ergänzen. Wir glauben, dass es einfach mehr Räume freien Lernens und gleichwürdigen Umgangs für Heranwachsende braucht.
Wovor hast du bei dem Projekt am meisten Bedenken?
Die größten Bauchschmerzen bereiten mir die rechtlichen, behördlichen und finanziellen Aspekte. Um die Schule auf die Beine stellen zu können, müssen wir einen Großkredit zwischen 200.000 und 500.000 Euro bei einer Bank aufnehmen. Dafür benötigen wir viele Kleinbürgschaften. Wir und die anderen Bürgenden gehen damit natürlich ein gewisses Risiko ein.
Es ist insgesamt einfach ein Mammut-Projekt, vor dem man schon auch Respekt haben kann und sollte. Allerdings sollte der auch nicht zu groß sein. Wir kennen andere Schulen in ganz Deutschland, kennen die Macher*innen und sehen ja: Die kochen auch alle nur mit Wasser und haben es auch geschafft. Es geht ja nachweislich. Und wenn keiner sich trauen würde, würde es halt keine Alternativschulen geben. Ich bin außerdem gespannt, wie die Zusammenarbeit zwischen pädagogischem Team, Eltern und Vorstand in der Praxis funktionieren wird.
Was ist dein positivster Gedanke oder dein größter Wunsch?
Mein größter Wunsch ist natürlich, dass wir unsere Schule realisiert kriegen. Es ist ja schon eine Art Lebenstraum, den wir da gerade angehen. Und dass wir coole Menschen finden, die mit uns diese Schule gestalten, kleine wie große. Und schon auch, dass wir das benötigte Geld, die Bürgschaften usw. zusammenbekommen.
Wie können dich unsere LeserInnen unterstützen?
Wir sind natürlich bereits auf der Suche nach Menschen, die sich vorstellen können, in der Schule tätig zu werden. Und Menschen, die das Projekt fördern möchten. Wenn es irgendwo einen wohlhabenden Menschen gibt, der nicht weiß, was er mit seinem Geld machen soll und Lust hat, eine zukunftsfähige Schule zu unterstützen, sind wir auch nicht böse 😉
Michéle Rosenkranz
https://www.facebook.com/pg/gemeinschaftbildenleipzig/posts/
Bild oben: Victoria Jankovicz (li.) mit den Gründerinnen des Trägervereins