Radfahrer in Halle können zukünftig, bis auf einen kurzen Bereich zwischen Riebeckplatz und der Einfahrt Volkmannstraße, selbst entscheiden, ob sie die Fahrbahn oder den Radweg nutzen wollen. Nach einem sechsjährigen Verfahren hat das Verwaltungsgericht Halle am 16.Oktober 2017 die Stadt dazu verurteilt, Radfahrern die Benutzung der Fahrbahn zu erlauben und das Verkehrszeichen 241 zu entfernen.
Wer mit dem Rad auf der magdeburger Straße unterwegs ist, kann in Zukunft, bis auf einen kurzen Bereich zwischen Riebeckplatz und der Einfahrt Volkmannstraße, selbst entscheiden, ob die Fahrbahn oder der Radweg benutzt werden soll.
Keine erhöhte Gefahr bei Straßennutzung
Das Gericht sieht, angesichts der Kfz-Dichte, der Breite und Geradlinigkeit in der Magdeburger Straße keine besondere Gefährdungslage, die ein Fahrbahnverbot für Radfahrer rechtfertigt. Alle verkehrswissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass separierte Radwege nicht sicherer sind, als das Fahren auf der Fahrbahn. Anderseits verfügten die Radwege in der Magdeburger Str. auch nicht über die notwenige Breite, die Freiheit von Hindernissen und die Beschaffenheit, die gemäß geltenden Regelwerken erforderlich seien, um Radfahrern ihr Recht zu beschneiden die Fahrbahn zu nutzen. Auch der Verweis der Stadt, dafür müssten Ampeln neu programmiert werden, hat nicht verfangen. Schwächere Radfahrer könnten im Übrigen die nicht regelgerechten Radwege weiter nutzen.
Benutzungspflicht auch anderswo rechtswidrig
Der ADFC begrüßt dieses Urteil ausdrücklich. Das Gericht stellt aus Sicht des Vereins damit klar, dass Verbote und Beschränkungen für Radfahrer, klarer und nachvollziehbarer Begründungen bedürfen. Diese setzen eine qualifizierte, besondere Gefahrenlage und regelgerechte, nach dem Stand der Technik ausgebaute und unterhaltene Radverkehrsanlagen voraus. Auf vielen Radwegen in Halle ist weder das eine, noch das andere gegeben. Benutzungspflichten auf vernachlässigten, zu schmalen, regelwidrigen Radwegen, wie es sie überall in der Stadt, ob an Paracelsusstraße, Nietlebener Straße, Dessauer Straße, Reilstraße, Ludwig Wucherer Straße usw. gibt, seien deshalb rechtswidrig.
Langer Atem gegen Behördenwillkür zeigte Erfolg
Das Urteil zeige, so der ADFC weiter, dass behördliche Willkür durch den, wenn auch äußerst langatmigen Rechtsstaat korrigierbar sei. Die Zeiten in denen in Sachsen-Anhalt Radfahrer jegliche Zwangsmaßnahmen hinnehmen müssten und auf Restflächen verwiesen werden könnten, sei vorbei. Das Urteil liefert damit eine Vorlage, Tausende nicht begründete, gefährliche und nicht nachvollziehbare Fahrbahnverbote für Radfahrern in ganz Sachsen-Anhalt aufzuheben.
Wichtig sei weiterhin, dass die Richterin sich stark auf Regelwerke, wie die VV-STVo und die ERA 2010 bezieht und damit klarstellte, dass es objektive Maßstäbe wie die Breite und Beschaffenheit von Radwegen gebe, welche als Voraussetzung für Zwangsmaßnahmen herangezogen werden müssten. Das müsse umso mehr für alle Neubau- und Sanierungsmaßnahmen gelten.
Über den ADFC
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit mehr als 160.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik und Tourismus. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs.
Lieber Verfasser,
Gratulation! Ich wäre dankbar, wenn Sie mir die Klageschrift schicken könnten, damit ich für eine ähnliche Situation eine Vorlage habe. Wäre das möglich?
Mut freundlichen Grüßen,
Ulrike Künzer