Spu­ren­sich­tung: Müll-Arte­fak­te als öffent­li­che Kunstaktion

Der Kunst­ki­osk am Reil­eck wirkt die­ser Tage wie ein Advents­ka­len­der. Mit ver­schie­de­nen Daten ver­se­he­ne Guck­fens­ter ent­hal­ten glit­zern­de Über­ra­schungs­päck­chen. In der Mit­te dreht sich ange­leuch­tet ein Prä­sen­tier­tel­ler. Abends wird das gan­ze noch far­ben­froh illu­mi­niert. Wer nun davon ange­lockt näher tritt, kann einen Aha-Moment erle­ben: Die aus­ge­stell­ten Objek­te bestehen aus Straßenmüll.

Aus­ge­dacht und rea­li­siert hat sich das Anne­kath­rin Poh­le, die man bis kurz vor Ostern auch täg­lich am Kiosk tref­fen konn­te. Aus­ge­stat­tet mit Kehr­be­sen und Vaku­um­ge­rät sam­mel­te sie akri­bisch den täg­lich anfal­len­den Müll rund um den beleb­ten Kiosk, um ihn dem Publi­kum als amor­phes Gemen­ge zu prä­sen­tie­ren. "Spu­ren­sich­tung" heißt ihre Kunst­ak­ti­on, deren Ergeb­nis­se noch bis Mit­te April zu sehen sind.

Auf die Idee zu die­ser Akti­on kam die Künst­le­rin bei Gesprä­chen über die zuneh­men­de Ver­mül­lung des öffent­li­chen Rau­mes. Trotz über­all ver­füg­ba­rer Abfall­be­häl­ter ent­le­di­gen sich immer mehr Men­schen ihres Mülls ein­fach durch Fal­len­las­sen, Abstel­len oder Wurf aus dem Auto­fens­ter. Dem­entspre­chend aus­sa­ge­kräf­tig sind die aus­ge­stell­ten Fund­stü­cke: Kron­kor­ken, Alu­fo­li­e­knäu­el und Piz­za­kar­tons, Ziga­ret­ten­schach­teln und Hygieneartikel...

Die Akti­on soll dem The­ma Müll mehr Auf­merk­sam­keit ver­schaf­fen, berich­tet die Künst­le­rin, die nor­ma­ler­wei­se Schmuck und Objek­te fer­tigt und selbst auch Mit­glied im Kiosk­ver­ein Herr Flei­scher e.V. ist. Durch die musea­le Prä­sen­ta­ti­on ihrer Fund­stü­cke hält sie der Stadt­ge­sell­schaft einen Spie­gel vor und fühlt sich dabei manch­mal wie eine All­tags­ar­chäo­lo­gin. Sie selbst habe durch­aus Spaß dar­an und stau­ne dar­über, was sich so alles anfin­det, wenn man den öffent­li­chen Geh­we­gen Auf­merk­sam­keit schenkt.

Auch die ent­ste­hen­de Kom­mu­ni­ka­ti­on am Ort des Gesche­hens sei hoch will­kom­men. Man­che Pas­san­ten mach­ten sich schimp­fend Luft, weil sie unter der Ver­mül­lung lei­den und Groll dar­über ange­staut haben. Auch eine Anti-Müll-Akti­vis­tin kam mit ihrer Toch­ter vor­bei um sich aus­zu­tau­schen. Ob sich in naher Zukunft etwas am Ver­hal­ten der Leu­te ändern wird, das bleibt nur zu hof­fen. Die Müll-Arte­fak­te im Kiosk kün­den von einer weg­werf­freu­di­gen Gegenwart.

 

Kommentar verfassen