Mit einer weiteren ungewöhnliche Aktion ging der Protest gegen die Kürzungen im Kulturbereich weiter: Nach der letzten „5 vor 12“-Aktion, bei dem tausende Hallenser mit einem Laternenumzug demonstrierten, verkündeten die Betreiber des neuen Theaters Anfang Dezember spontan, dass die Bürger der Stadt Halle „ihr“ Theater besetzen sollen.
Vom 10. bis 12. Dezember öffnete die Kulturinsel ihre Pforten: Mit öffentlichen Proben, Workshops, Lagerfeuer, Glühwein und vielem mehr solidarisierten sich die Halleschen Bürger mit ihrem Theater.
Der Termin für die Besetzung war nicht zufällig gewählt: Am Mittwoch, den 11. Dezember verabschiedete der Magdeburger Landtag den neuen Haushaltsplan für 2014 und schrieb damit die ersten Kürzunagen im Kulturbereich fest. Am Mittwochabend, dem zweiten Tag der Protestaktion und kurz nach der Landtagssitzung, diskutierten die Theaterintendanten von Halle, Eisleben und Dessau mit den Abgeordneten: „Was ist da heute in Magdeburg passiert?“, fragte Matthias Brenner, Intendant des neuen Theaters Halle, zu Beginn. Und tatsächlich: Unter den rund 100 Besuchern merkt man, dass viele immer noch geschockt und deprimiert sind, dass die Kürzungen nun tatsächlich kommen. „Wir müssen sehen, wie wir jetzt mit der Situation umgehen“, schilderte Oberbürgermeister Bernd Wiegand seine Eindrücke der Sitzung, die er als Gast besuchte. Dann wurde die Debatte sehr emotional: Nach 40.000 gesammelten Unterschriften gegen die Kürzungspläne, vielen Demonstrationen und Aktionen will man sich nach dieser Niederlage nicht geschlagen geben: „Die Frage ist nicht ob, sondern wie weiter protestiert wird“, verkündete Matthias Brenner prompt. Ulrich Fischer, Intendant des Theaters Eisleben, kommentierte die Kürzungen, die mit dem Ziel einer „zukunftsfähigen Struktur“ von der Landesregierung begründet werden, nur so: „Im schrittweisen Kürzen der Kulturförderung wird keine ,zukunftsfähige Struktur' entstehen.“ Ebenso verärgert über den mangelnden Respekt in der vorangegangene Ausschusssitzung im Landtag war Wulf Gallert (Die Linke): „Diese Ignoranz [der Landesregierung] ist schon eine Form von Demütigung.“
Insgesamt war die Theaterbesetzung doch eher eine lange Demonstration mit gut ausgewähltem Programm als ein linksradikaler Boykott. Trotzdem setzten die Verantwortlichen der Theater ein starkes Zeichen: Sie werden den Protest nicht aufgeben, sondern bleiben länger wach.
Text & Fotos: Markus Kowalski