Augen­hö­he statt Bei­fall: Unab­hän­gi­ge Pfle­ge­werk­schaft stellt For­de­run­gen auf und mobi­li­siert Beschäftigte

Aus Anlass des „Inter­na­tio­na­len Tages der Pfle­gen­den“ am 12. Mai 2020 haben Beschäf­tig­te der Bran­che sich zu einer neu­en selbst orga­ni­sier­ten poli­tisch unab­hän­gi­gen Gewerk­schaft zusam­men­ge­schlos­sen. Unter dem Namen „Bochu­mer­Bund“ wol­len sie gemein­sam ihre Rech­te als Arbeitnehmer*innen im Gesund­heits­we­sen ver­tre­ten und durch­set­zen. Auf ihrer Grün­dungs­ver­samm­lung am 12. Mai pos­tu­lier­ten sie eine Agen­da gemein­sa­mer Ziele.

Pfle­ge als gesamt­ge­sell­schaft­li­che Aufgabe

„Die pfle­ge­ri­sche Ver­sor­gung darf nicht aus­schließ­lich wirt­schaft­li­chen und gewinn­ori­en­tier­ten Inter­es­sen unter­lie­gen.“, heißt es in einer ers­ten Erklä­rung des Bochu­mer­Bun­des. Viel­mehr sol­le sie als Bestand­teil der öffent­li­chen Daseins­vor­sor­ge und damit als gesamt­ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­be zu ver­ste­hen sein. Die Arbeit von Pfle­ge­kräf­ten soll laut dem Bochu­mer­Bund viel stär­ker gleich­be­rech­tigt auf Augen­hö­he mit den ande­ren Pro­fes­sio­nen des Gesund­heits­we­sens wie Medi­zi­nern, Phy­sio­the­ra­peu­ten, Logo­pä­den oder Heb­am­men erfolgen.

Dies sol­le sich auch in der Ver­gü­tung wider­spie­geln. So sol­len alle Pfle­gen­den nach einem „ein­heit­li­chen, bun­des­weit ver­bind­li­chen Tarif­ver­trag bezahlt“ wer­den, wobei die jewei­li­gen Qua­li­fi­ka­tio­nen ver­gü­tungs­stei­gernd zu berück­sich­ti­gen sei­en. Das Brut­to­ein­stiegs­ge­halt einer Pfle­ge­fach­per­son soll nicht unter 4000 Euro lie­gen. Die Pfle­ge­aus­bil­dung soll dazu als vier­jäh­ri­ge Aus­bil­dung „zu einer Pro­fes­si­on auf Grund­la­ge einer gene­ra­lis­tisch aus­ge­rich­te­ten, dua­len aka­de­mi­schen Aus­bil­dung wei­ter­ent­wi­ckelt“ werden.

Zur berufs­po­li­ti­schen Inter­es­sen­ver­tre­tung sol­len Lan­des­pfle­ge­kam­mern und eine Bun­des­pfle­ge­kam­mer gegrün­det wer­den. Die Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter der Pfle­ge in die­sen Gre­mi­en sol­len bei allen pfle­gere­le­van­ten Ent­schei­dun­gen ein Mit­spra­che- und Mit­be­stim­mungs­recht besit­zen. Wei­te­re For­de­run­gen betref­fen einen ver­bind­li­chen Per­so­nal­schlüs­sel zur Absi­che­rung der Qua­li­tät pfle­ge­ri­scher Arbeit und eine ver­bind­li­che Pfle­ge­be­ra­tung als Bestand­teil der Prävention.

Nicht nur über Pfle­ge, son­dern mit den Pfle­gen­den reden

Der Bochu­mer Bund wur­de 2017 von Bochu­mer Stu­die­ren­den der dor­ti­gen Hoch­schu­le für Gesund­heit gegrün­det, um eine Lücke in der beruf­li­chen Ver­tre­tungs­land­schaft im Pfle­ge­be­reich zu schlie­ßen. Pri­mä­res Ziel des Bochu­mer Bunds ist die Eta­blie­rung einer unab­hän­gi­gen Pfle­ge­ge­werk­schaft. In die­sem Ziel sehen sich die Gründer*innen und Initiator*innen durch die Coro­na-Pan­de­mie bestä­tigt. Denn aus­ge­rech­net die so wich­ti­gen Pfle­ge­kräf­te, wel­che die Beatmungs­ge­rä­te zu bedie­nen haben, sind bis heu­te nicht ein­mal in den Kri­sen­stä­ben vertreten.

Auch die Wel­le „vor­geb­li­cher Wert­schät­zung“ wäh­rend der Coro­na-Kri­se habe dar­an nichts geän­dert. Es sei zwar viel „über Pfle­ge“ gere­det wor­den, „kaum aber mit Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern der Pfle­ge“. Als Ursa­che dafür sehen die Vertreter*innen des Bochu­mer Bunds die Zer­split­te­rung der Berufs­grup­pe in vie­le Ein­zel­or­ga­ni­sa­tio­nen. Mit der Fol­ge, dass Orga­ni­sa­tio­nen, die die Pfle­ge ver­tre­ten, in der Sum­me trotz aller Bemü­hun­gen nur ein über­schau­ba­res poli­ti­sches Gewicht haben.

Regio­na­le Grup­pen und bun­des­wei­ter Aufbau

Mit dem Bochu­mer Bund soll nun eine star­ke berufs­po­li­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on geschaf­fen wer­den, an die sich enga­gier­te Pfle­gen­de mit ihren Vor­stel­lun­gen, Vor­schlä­gen, Anre­gun­gen, For­de­run­gen, Inter­es­sen und Pro­ble­men wen­den kön­nen. Die soll auch Ser­vice­an­ge­bo­te, Selbst­hil­fe­grup­pen, Fort­bil­dun­gen und juris­ti­sche Unter­stüt­zung unter dem Dach der gewerk­schaft­li­chen Orga­ni­sa­ti­on mit ein­be­zie­hen.  Der Bochu­mer Bund ist mitt­ler­wei­le bun­des­weit mit Mit­glie­dern ver­tre­ten und plant in naher Zukunft den Auf­bau regio­na­ler bzw. lan­des­wei­ter Gruppen.
Wei­ter­hin wer­den öffent­lich­keits­wirk­sa­me Aktio­nen vor­be­rei­tet, um die die Pfle­ge stär­ker in den Fokus der Gesund­heits­po­li­tik sowie der öffent­li­chen Dis­kus­si­on zu rücken.

 

Quel­le: krankenkasseninfo.de

 

Foto oben: © JMG / pixelio.de

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