Im Petersberger Forst bei Kütten wurden durch Fällungen der Forstbetriebe allein in den letzten fünf Jahren tausende Festmeter Holz entnommen. Den härtesten Eingriff gab es 2020 mit 1650 Festmeter. Anwohner aus den umliegenden Gemeinden sorgen sich zunehmend um ihren Wald und suchten das gespräch mit dem Landesforst. Anfang April gab es nun ein erstes Treffen. Mit teilweise alarmierenden Erkenntnissen.
Eiche, Buche und Ahorn am häufigsten gefällt - warum?
Am 30.April trafen sich acht Bürger der Gemeinden Kütten, Teicha und Petersberg zu einer Klärung mit Verantwortlichen, darunter der Landesforstverantwortliche Herr Koth sowie zuständige Försterinnen und Förster des Saalekreises. weiterhin anwesend waren eine Vertreterin des Ordnungsamtes sowie der Unteren Naturschutzbehörde. Die geäußerten Sorgen betrafen hauptsächlich die Entnahme von Holz in Form von sehr dicken, alten Laubbäumen wie Eiche, Buche oder Ahorn in erschreckend großem Ausmaß. Weiterhin ging es um entstehende Schäden am Boden durch Harvester und ihren Rückegassen mit Gleisbildungen. Herr Koth war anfänglich etwas ironisch belehrend in seinen Aussagen. Es fielen Sätze wie „Wir können ja die Bäume nicht mit dem Hubschrauber rausholen" oder "Wir holen das Holz nicht aus reiner Raffgier.“ „ Der Wald wurde durch Förster geschaffen und somit hat man nun das Recht ihn zu beernten.“ Der Ton wurde im Laufe der Zeit glücklicherweise gemäßigter und sachlicher.
Fällungen finanzieren die Forstämter!
Dennoch wurde weiter von Behauptungen Gebrauch gemacht, die nicht nur wissenschaftlich umstritten sind. Der forstliche Eingriff wäre im Wald unbedingt nötig, ohne ihn könnte sich der Wald nicht entwickeln und dem Klimawandel standhalten. Im Wirtschaftswald finde mehr Holzzuwachs statt als im Naturwald. Wirtschaftswald könne mehr CO² binden als Naturwald. Die Bäume wären alle krank gewesen. Eine Verkehrssicherungspflicht würde zum Fällen zwingen. Und vieles mehr...Nachdem aus der Runde der Bürger gegenteilige Fakten benannt wurden, konnte man ein Einlenken erkennen. So wurden schnell die eigentlichen Hintergründe und Probleme deutlich. Zum einen ist es durch finanzielle und personelle Engpässe sehr schwierig, Maßnahmen mit entsprechender Qualität durchzuführen. Die Arbeiten werden mittels Ausschreibungen an vorwiegend osteuropäische Firmen vergeben. Hinzu kommt, dass die leitenden Mitarbeiter des Landesforstes in Sangerhausen sitzen und so schwer die Arbeiten kontrollieren können. Die Firmen kommen von weit her mit der Technik und sind somit gezwungen, auch bei unpassenden Wetterlagen ihre Arbeiten auszuführen.
Neuanpflanzungen blieben bislang aus
Eine weitere richtige Aussage wurde gemeinsam erarbeitet. Die Ursache für den großen Fälldruck liegt in der Finanzierung der Forstämter über den Erlös des Holzes sowie an dem immer weiter wachsenden Holzbedarf.
Herr Formella konnte sehr viele interessante Einblicke in das Försterleben geben und seine Sorgen widerspiegeln. Er würde gern die im Wald vorherrschende natürliche Verjüngung durch den Ahorn zulassen, als den strengen Vorgaben der Behörden folgend für geforderte Eichen die jungen Ahornbäume zu entnehmen. Die Notwendigkeit versuchte Frau Brand darzulegen. Durch Managementpläne werde die Artenvielfalt gesichert, und dazu sei eine entsprechende Pflege notwendig und ohne Alternativen. Eine Anpflanzung von neuen Eichen hat es bisher jedoch nicht gegeben. Der Grund dafür blieb offen. Nach mehreren Stunden im durchgefrorenen Zustand verständigten sich die noch übrig gebliebenen Teilnehmer zu einer schriftlichen Zusammenfassung, sowie zu einer Sammlung an weiteren Fragen. Wie soll es nun weitergehen mit der „Umgestaltung“? Wie kann man die Qualität der Arbeiten verbessern? Ist das Vorgehen wirklich noch zeitgemäß? Denn die Bürger haben nicht vor, der Entwicklung weiter tatenlos zuzusehen.
Mein Beitrag als NaBu - Vertreter
Was konnte ich als Teilnehmer selbst einwerfen? Ich verwies zum einen auf die vier Hauptaufgaben des Forstes und deren ausgewogenere Abarbeitung. Holzgewinnung ist ja nur ein Teil des staatlichen Auftrages. Die Förderung des Erholungswertes, die Förderung von Arten- und Naturschutz sowie die Förderung von CO2-Speicherung sind drei weitere sehr wichtige Aufgaben. Diese werden von der EU immer mehr gefordert. Doch Kapazitäten oder Finanzierung dafür sind nicht oder kaum vorhanden.
Ich bat um die Prüfung der Möglichkeit, die ebenfalls von der EU geforderte 5% Regelung im Wald anzustreben. Also 5% der jeweiligen Waldfläche soll aus der Nutzung herausgenommen werden für immer. Dies hätte den Vorteil, dass jeder Bürger vor der Haustür eine natürliche Entwicklung miterleben kann. Dass Kinder wieder die Chance bekommen, echten natürlichen Wald zu erleben und kennenzulernen.
Ich gab zu bedenken, dass die Verkehrssicherheitspflicht nicht missbraucht werden dürfe. Diese Pflicht würde ja nur an Wegen greifen, nicht aber die tief einschneidenden Rückegassen rechtfertigen. Auch bat ich um eine Beteiligung von Naturschutzorganisationen bei der Planung von solch massiven Eingriffen. Der Umgang mit kranken Bäumen ist klärungsbedürftig aus meiner Sicht. Es gibt einige wissenschaftliche Publikationen über den Wert von sterbendem und totem Holz im Wald und deren ökologischer Bedeutung. Bei der CO2-Lüge und der Holzzugewinn-Lüge möchte ich gern auf Literatur verweisen. Zum Beispiel die aktuelle Veröffentlichung „Der Holzweg - Wald im Widersteit der Interessen*.
Letztendlich möchte ich auch hier meinen Dank nicht vergessen. Dieses Treffen ist von der Mehrheit der Teilnehmer insgesamt als sehr positiv empfunden worden .
Steffen Neubert
NABU Halle
*Hans Dieter Knapp (Hrsg.), Siegfried Klaus (Hrsg.), Lutz Fähser (Hrsg.)
Der Holzweg – Wald im Widerstreit der Interessen
ISBN: 978−3−96238−266−7
480 Seiten, 1. Auflage erscheint am 14.01.2021