Was ist Gesund­heit? Gedan­ken zum umfas­sen­den Wohlergehen

Das bio­me­di­zi­ni­sche Modell beschreibt Gesund­heit (lat.sanitas) als Abwe­sen­heit von Krank­heit (lat. insa­ni­tas). Gesund­heit ist so gese­hen ein wün­schens­wer­ter Normalzustand.Wenn du gesund bist, bist du nor­mal. Bist du krank, bist du unnor­mal. Wit­zig, dass das eng­li­sche Gegen­satz­paar sane – insa­ne, des­sen Wur­zeln aus dem Latei­ni­schen kom­men, heu­te vor allem auf die psy­chi­sche Gesund­heit anspie­len. Insa­ne bedeu­tet ver­rückt. Bes­ser wäre viel­leicht zu fra­gen. Was ist Krankheit?

Der Mensch fühlt sich unwohl und ist weni­ger leis­tungs­fä­hig als ein gesun­der. Aber wer legt fest, was gesun­de Leis­tungs­fä­hig­keit ist? Die Men­schen sind ver­schie­den. Wäh­rend die eine ohne gesund­heit­li­che Risi­ken bestimm­te Arbei­ten aus­füh­ren kann, geht der ande­re bei glei­chem Pen­sum an sei­ne Sub­stanz - gefähr­det somit sei­ne phy­si­sche oder psy­chi­sche Gesund­heit. Heut­zu­ta­ge wird uns die Ver­ant­wor­tung für unse­re Gesund­heit mehr und mehr in die eige­ne Ver­ant­wor­tung gege­ben. Nach dem Mot­to. Sel­ber schuld, wenn du einen Band­schei­ben­vor­fall, Herz­in­farkt oder Krebs kriegst. Die Kran­ken­kas­sen ver­tei­len „Health Care“ Punk­te und locken mit Rabatt. Küm­me­re dich um dei­ne Gesund­heit, Mensch! Du musst funk­tio­nie­ren! Wenn du einen Bur­nout erlei­dest, hast du irgend­was falsch gemacht. Dass stress­be­ding­te Krank­heits­bil­der sys­tem­be­dingt sind, wird dabei gern ver­ges­sen. Die meis­ten Men­schen sind für das Schel­ler, Höher, Wei­ter und die damit ver­bun­de­nen Anfor­de­run­gen ein­fach nicht gemacht. Und die Leis­tungs­trä­ger, die dafür gemacht schei­nen – all­zu häu­fig Män­ner in den bes­ten Jah­ren – haben nicht gelernt, inne­zu­hal­ten und in sich hin­ein­zu­h­or­chen. Sie betrei­ben selbst den Aus­gleichs­sport exzes­siv. Waren nie krank, aber fal­len plötz­lich um und sind tot. Güns­tig für die Krankenkassen.

Wäre es nicht an der Zeit, dar­über nach­zu­den­ken, wie eine aus­ge­gli­che­ne Work-Life-Balan­ce für jeden Men­schen aus­se­hen könn­te? Dazu gehört erst­mal, dass ich als mün­di­ge Per­son mei­nem Arbeit­ge­ber gegen­über äußern kön­nen darf, wie viel Arbeits­zeit ich mir zumu­ten kann und in wel­cher Zeit­span­ne mei­ne idea­le Arbeits­zeit liegt. Fle­xi­ble Arbeits­zei­ten also. Wie sieht die Rea­li­tät aus? Du wirst zur Anwe­sen­heits­pflicht von dann bis dann ver­don­nert, frü­hest mög­li­cher Beginn ver­steht sich - wir sind in Deutsch­land. In vie­len Berufs­grup­pen ist es gar nicht mehr mög­lich für eine Teil­zeit­ar­beit ange­stellt zu wer­den. Da musst du Frau sein, klei­ne Kin­der bzw. pfle­ge­be­dürf­ti­ge Eltern haben oder eige­ne chro­ni­sche Erkran­kun­gen nach­wei­sen. Ein Mensch, der auf sich selbst ach­tet, des­halb weni­ger arbei­ten möch­te und zu Lohn­ver­zicht, bereit ist, wird noch immer als eine Art Drü­cke­ber­ger betrach­tet. Eben­so wie jemand, der nicht zu den „Ler­chen“ zählt. Wir haben es mit einem Arbeits­ethos zu tun, das sich längst über­lebt hat. Wür­den wir weni­ger Erwerbs­ar­beit leis­ten müs­sen, könn­ten wir uns mehr Zeit für die Din­ge und Men­schen neh­men, die uns am Her­zen lie­gen. Und das wie­der­um wür­de unse­re und deren Gesund­heit stär­ken. Denn selbst über­zeug­te Schul­me­di­zi­ner spre­chen heu­te vom Kör­per-See­le-Band. Wenn es mir see­lisch gut geht, haben Krank­heits­er­re­ger weni­ger Angriffsfläche.

Die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on WHO defi­niert Gesund­heit als einen Zustand des voll­stän­di­gen kör­per­li­chen, geis­ti­gen und sozia­len Wohl­erge­hens und nicht nur des Feh­lens von Krank­heit oder Gebre­chen. („Health is a sta­te of com­ple­te phy­si­cal, men­tal and social well-being and not merely the absence of dise­a­se or infir­mi­ty.“) Wie kom­men wir dahin? Ein welt­wei­tes Bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men könn­te ein Weg sein. Alle Men­schen bekom­men eine ange­mes­se­ne Grund­si­che­rung, die das sozia­le Wohl­erge­hen sichert. Dadurch sind sie nicht in solch star­kem Maße durch Arbeit­ge­ber erpress­bar wie der­zeit. Das macht die öffent­li­che Daseins­vor­sor­ge inklu­si­ve eines gut aus­ge­bau­ten Gesund­heits-und Pfle­ge­sys­tems, in das alle ent­spre­chend ihrer Ein­künf­te ein­zah­len, nicht über­flüs­sig. Gera­de eine Pan­de­mie zeigt, dass Gesund­heit eben nicht nur in der Ver­ant­wor­tung des Ein­zel­nen liegt, son­dern im Inter­es­se der gesam­ten Gesell­schaft gesi­chert wer­den muss. Gesell­schaft­li­ches und indi­vi­du­el­les Wohl­erge­hen bedin­gen einander.

 

 

Kommentar verfassen