Bäuerinnen und Bauern der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) protestierten am 6. März mit Traktoren und Bannern vor dem Firmensitz der „Deutsche Wohnen SE“ in Berlin. Unter dem Aktionsmotto „Deutsche Wohnen – Finger weg von unserem Acker, Agrarstrukturgesetze jetzt!“ forderten sie den Konzern auf, sein Versprechen zu halten und nicht in Agrarland zu investieren.
Gleichzeitig richteten sie ihre Forderung an die Landesregierungen, insbesondere der ostdeutschen Bundesländer, endlich wirksame Agrarstrukturgesetze zu beschließen, um weitere Investorenkäufe von Agrarland zu verhindern. Anlass für den Protest ist das Kaufangebot der Leipziger „Quarterback Immobilien AG“ für einen Agrarbetrieb in Brandenburg, bei dem ein Landwirt durch den Immobilieninvestor überboten wurde. Quarterback gehört zu 40 Prozent der Deutsche Wohnen SE.
„Wir sind heute hier, um die Deutsche Wohnen Immobiliengesellschaft aufzufordern, ihren eigenen Ankündigungen Folge zu leisten und nicht in Agrarland zu investieren; auch nicht über ein assoziiertes Unternehmen wie Quarterback“, so Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der AbL.
„Nicht-landwirtschaftliche Investoren wie die Deutsche Wohnen SE treiben die Bodenpreise nach oben und gefährden damit die Existenz bäuerlicher Betriebe. Langfristig führt das zu einer Flächenkonzentration in den Händen weniger kapitalstarker Konzerne. Bäuerinnen und Bauern können damit nicht konkurrieren.“
Die Röderland GmbH im brandenburgischen Elbe-Elster-Kreis umfasst 2500 Hektar bewirtschaftete Fläche. Der Landwirt Tobias Lemm hat acht Millionen Euro für den Betrieb geboten und erklärt, mit seiner Familie an den Betriebsort ziehen zu wollen. Die Quarterback Immobilien AG hatte ihn jedoch um zwei Millionen Euro überboten. Dass dies überhaupt rechtlich möglich ist, liegt an einer Regelungslücke in den bestehenden Gesetzen. Eigentlich sichert in Deutschland das Grundstücksverkehrsgesetz Landwirt:innen gegenüber Nicht-Landwirt:innen das Vorkaufsrecht auf landwirtschaftlichen Boden. Quarterback nutzt hier aber das Schlupfloch eines Anteilskaufs.
„Ohne starke Agrarstrukturgesetze wird es weitere derartige Fälle geben. Finanzstarke Konzerne überbieten Landwirtinnen und Landwirte, indem sie einfach ein paar Millionen oben drauf packen. Das ist der fortschreitende Ausverkauf der Ackerflächen, insbesondere in Ostdeutschland, den wir bereits seit Langem sorgenvoll beobachten. Wir kritisieren diese Entwicklung aufs Schärfste“, sagt Julia Bar-Tal, Geschäftsführerin der AbL in Brandenburg.
„Die Landesregierungen in Ostdeutschland müssen endlich handeln und Agrarstrukturgesetze erlassen, um den Verkauf von Boden und landwirtschaftlichen Betrieben an Investoren zu beenden und bäuerliche Betriebe vor kapitalstarken Investoren zu schützen.“
Hintergrund:
Außerlandwirtschaftliche Investoren wie die Aldi-Stiftung, die Zech-Immobiliengruppe oder die Münchener Rückversicherungsgesellschaft haben seit der Wende etliche landwirtschaftliche Großbetriebe aufgekauft und besitzen dadurch große Flächen in Ostdeutschland. Offizielle Zahlen existieren keine, das Thünen-Institut schätzte den Anteil der Investoren an Großbetrieben (juristische Personen) in Ostdeutschland auf 34 Prozent im Jahre 2017[1] - Tendenz steigend. Damit einher gehen Preissteigerungen auf dem Bodenmarkt in Ostdeutschland vergleichbar mit denen des Wohnungsmarkts in Berlin.
Foto oben: AbL / Jan Ganschow