Neugierde - kürzlich trieb sie mich durch einen Torbogen eines Hauskomplexes aus den 1930er Jahren in der Kohlschütter Straße in Halle. „Carolas Garten!“ war mein erster Gedanke. Was ist denn hier los?
Ein riesiger Garten der bis fast an die Häuser der Adolfstraße grenzt. Wild, aber nicht gänzlich verwildert, ein Gartenidyll, welches mich sofort an das 360 Grad - Panorama in Leipzig erinnerte, das von Yadegar Asisi als Kunstwerk in Szene gesetzt wurde. Am Rande von Leipzig hatte Carola ihr Gartenidyll entstehen lassen wie es in Urwäldern oder an exotischen Orten zu finden ist. Dieser Garten inspirierte den Künstler so sehr, dass er daraus ein Kunstwerk kreierte, welches Hundertausende über viele Monate im Panometer in Leipzig bewundern konnten. Erstaunlich welch ein Biotop hinter Neubauten möglich sein kann.
Hier in Halle sind keine Neubauten im Hintergrund sondern teilweise verwaiste Wohnungen umrahmen den Garten, der auf jedem Quadratmeter ganz sicher eine Geschichte in sich birgt. Bei der Wohnungsknappheit fragte ich mich, wer ist für dieses Grundstück und den teilweisen Leerstand verantwortlich? Ein junger Mann tauchte plötzlich auf, und ich erkannte Alex, einen freischaffenden Garten-Künstler, den ich bei Aktionen des Radiofestivals „Radiorevolten“ vom Corax e.V. kennen lernen durfte.
Du wohnst hier und wie lange schon?
Alex: seit 2014
Und warum stehen so viele Wohnungen leer? Wer ist hier zuständig?
Alex: Die HWG (Hallesche Wohnungsgesellschaft mbH) ist Eigentümerin. Seit vielen Jahren soll hier saniert werden, aber nun wird’s konkret. Bis ?????- so ist der neuste Stand.
Das Gartenidyll oder die kleine Wildnis wirkt dennoch belebt. Was passiert hier?
Alex: Man kann sagen, dass der Hof oder Garten ein Areal für circa acht Häuser einschließt. Und immer noch ist es der Treffpunkt für alle, die hier noch wohnen und andere, die zu Besuch kommen.
Von wem wird hier gepflanzt und gegossen?
Alex: Dieser Wohnkomplex entstand vor circa 100 Jahren, in Zeiten der Weltwirtschaftskrise als sozialer Lebensraum für Leute mit geringem Einkommen. Anfangs hatte ich die Idee, mich hier hier mit Küchenkräutern zu versorgen und etwas zu gärtnern. Inzwischen bewirtschafte ich mit Unterstützung der Nachbarschaft das Areal im Einvernehmen mit der HWG. Nun wachsen hier außer üblichen Kräutern einiges Gemüse, Beeren und Obst. Vor allem gibt es viele Wildpflanzen, die Nahrung für Bienen und Insekten liefern. Außerdem tragen Lavendel, Blumen und Rosenstöcke zur Inspiration bei.
Wie siehst du die Zukunft für diesen Baukomplex?
Alex: Alle, die hier noch wohnen, wünschen und hoffen, dass der einst entstandene Wohnraum mit Garten auch für die Zukunft erhalten bleibt. Eine behutsame Sanierung wäre dafür nötig, um dem ursprünglichen Anliegen für sozialen Wohnraum gerecht zu bleiben.