Ein Film­kunst­ar­chiv gemein­sam ermöglichen

Die Film­kunst­vi­deo­thek FORMAT ver­fügt über eine beacht­li­che Samm­lung hoch­wer­ti­ger und sel­te­ner Fil­me. Doch der Betrieb kann durch die klas­si­sche Aus­lei­he nicht mehr wirt­schaft­lich gestal­tet wer­den - zu stark ist die Kon­kur­renz durch net­flix, you­tube, Ama­zon Prime & Co. Inha­ber Frie­de­mann Fah­nen­bruck wirbt nun für ein neus soli­da­ri­sches Modell mit gestaf­fel­ten Jah­res­bei­trä­gen und erklärt im Inter­view mit Jörg Wun­der­lich, war­um mit der DVD auch ein Stück Film­kul­tur zu ver­schwin­den droht.

Machen wir mal den Ver­such: „Rocker“ von Lembke, „Theo­re­ma“ von Paso­li­ni und „Der Bruch“ von 1989 mit Götz George?

"Rocker“ haben wir, klar. „Der Bruch“ gibt’s im DEFA-Regal und dort hin­ten steht die gesam­te Werk­schau von Pasolini.

Ich kann mich schon kaum noch erin­nern wann ich vor Coro­na das letz­te mal ins Kino durf­te. Gibt es denn wenigs­tens eine Lock­down-beding­te Zwi­schen­blü­te der DVD?

Nein. Bei uns ist auch das Phä­no­men auf­ge­tre­ten, dass wäh­rend des ers­ten Lock­downs ganz vie­le Leu­te aus Angst um das FORMAT glück­li­cher­wei­se Geld gespen­det haben. Aber als der Laden es über­lebt hat­te, sind die Aus­leih­zah­len noch ein­mal signi­fi­kant ein­ge­bro­chen. Eine Erklä­rung dafür wäre, dass die Leu­te sich noch mehr digi­ta­li­siert haben und nun offen­bar auch bei Ama­zon Prime oder net­flix ein Kon­to eröff­net haben.

Inwie­weit ist denn das Ange­bot dort über­haupt mit einer Film­kunst­vi­deo­thek zu vergleichen?

Mit net­flix müs­sen wir uns gar nicht ver­glei­chen, denn was film­mä­ßig dort vor­han­den ist, geht gegen Null. Ich ver­glei­che oft Fil­me, wel­che Leu­te hier aus­ge­lie­hen haben und sehe dass die online meist nicht ver­füg­bar sind. Also nicht mal käuf­lich. Dabei kam ich schnell auf 100 Titel, wo wirk­lich wich­ti­ge Fil­me dar­un­ter sind. Die fal­len näm­lich nach ein paar Jah­ren ein­fach raus aus der Online­ver­wer­tung, weil die Rech­te dafür auslaufen.

Und bei der DVD kann das nicht passieren?

Das ist der gro­ße Vor­teil unse­res phy­si­schen Medi­ums: Ich kau­fe das zu der Zeit, wenn der Film auf DVD raus­ge­bracht wird. Die DVD liegt dann hier, und egal was mit den Rech­ten danach pas­siert – der Film ist wei­ter aus­leih­bar. In der Online­welt - da gibt es mal einen Film, dann wie­der nicht. Was die Leu­te über die Online­welt den­ken, dass es immer alles ver­füg­bar ist, das stimmt ein­fach nicht.

Es wur­de ja mal gesagt die Lebens­dau­er einer DVD ist begrenzt, was ein Argu­ment war für die Uploads in die Online­welt, weil sie dort im Netz angeb­lich län­ger vor­han­den sei­en. Hast Du schon mal erlebt dass eine DVD schlappmacht?

Nein, nur durch mecha­ni­sche Zer­stö­rung. Aber selbst die stark zer­kratz­ten kann man ja eini­ge Male auf­ar­bei­ten. Das FORMAT gibt es nun 15 Jah­re, wir haben am Anfang Fil­me gekauft, und ich mer­ke immer mehr: Fil­me die wir jetzt hier ste­hen haben, die gibt es ent­we­der nicht mehr zu kau­fen oder es wer­den uto­pi­sche Prei­se auf­ge­ru­fen wie bei Rari­tä­ten. Und die­se Fil­me kön­nen natür­lich auch in kei­nem Stream sein, weil die Rech­te aus­ge­lau­fen sind. Die sind dann tat­säch­lich ein­fach weg.

Kannst Du uns Bei­spie­le geben für ver­schwun­de­ne wert­vol­le wich­ti­ge Filme?

Ich habe hier zum Bei­spiel „Die sie­ben Samu­rai“ von Kuro­sa­wa augf mei­ner Lis­te. Die­sen bedeu­ten­den Film gibt es nicht mal bei Ama­zon prime, bei über­haupt kei­nem Online­dienst. Und das hat natür­lich sei­ne lizenz­recht­li­chen Gründe.

 

Wenn wir vom Spiel­film abse­hen kom­men wir zu Berei­chen wie Doku­men­ta­tio­nen, wo es pas­sie­ren kann dass es über­haupt kei­nen Ver­leih gibt und die DVD das ein­zi­ge Medi­um ist, auf dem Wer­ke äüber­haupt erschei­nen. Hast Du erlebt dass sich DVD Ver­triebs­fir­men gegrün­det haben als ganz eige­ne Strecke?

Ja, da gibt es klei­ne sehr gute Labels, die ver­ges­se­ne Film­kunst wie­der aus­gra­ben – ich kann Bild­stö­rung nen­nen, die einen klei­nen aber sehr fei­nen Kata­log anbie­ten. Immer sehr pro­gres­si­ve Strei­fen, aus dem tsche­chi­schen Kino... Auch sol­che Fil­me sind kaum online ver­füg­bar weil die Labels meist aus­schließ­lich auf DVD Ver­trieb setzen.

Die Online­film­welt ist ja durch einen enge­re Rück­kopp­lung von Markt­for­schung und Neu­pro­duk­ti­on gekenn­zeich­net. Kann man hier schon von Kul­tur­ver­schie­bung in dem Sin­ne spre­chen, dass Pro­duk­ti­ons­ri­si­ken von vorn­her­ein opti­miert wer­den und das Ein­fluss auf die Inhal­te hat?

Das Kino ist nach wie vor die größ­te Maschi­ne­rie, die Fil­me bekannt macht. Net­flix hat vie­le Eigen­pro­duk­tio­nen und ver­pflich­tet Regis­seu­re wie Sophia Cop­po­la oder die Coen-Brü­der. Einer unse­rer Kun­den frag­te nach dem neu­en Coen-Brü­der-Film und ich konn­te ihn nicht anbie­ten weil er nur bei net­flix läuft... Manch­mal schaf­fen die es dann noch kurz ins Kino, weil es ohne Kino­ver­leih kei­ne Oscar-Ein­rei­chung gibt. Das war zum Bei­spiel bei „Roma“ so, der gran­dio­sen net­flix-Pro­duk­ti­on, die es auch auf DVD geschafft hat. Ich habe von sol­chen net­flix-Pro­duk­tion­tak­ti­ken erfah­ren, wo Algo­rit­men ermit­teln, wie­viel Leu­te wel­chen Film wie viel Sekun­den angu­cken. Die Staf­feln sind dann von vorn­her­ein so auf­ge­baut, dass sie jeder­zeit enden kön­nen und bei nega­ti­ven Ergeb­nis­sen wer­den die erst gar nicht wei­ter­ge­dreht. Das wur­de von net­flix auch bestä­tigt als Produktionsmerkmal.

Gibt es denn eine gemein­sa­me Hand­lungs­ebe­ne oder Inter­es­sen­ver­tre­tung von Film­kunst­vi­deo­the­ken wie dem FORMAT?

Lei­der nein, die Zahl sol­cher Video­te­he­ken ist auch stark gesun­ken Es gibt noch eine in Leip­zig, eine in Hal­le, eine in Dres­den, zwei in Ber­lin, und in Köln noch die Trau­ma­tek, das sind sechs. Der Inter­es­sen­ver­band Deut­sche Video­the­ken hat sich jah­re­lang nur mit Sonn­tags­öff­nungs­zei­ten und ille­ga­len down­loads beschäf­tigt. Das klas­si­sche Schmud­deli­mage der Video­the­ken hät­te man irgend­wann gemein­sam ändern müs­sen, um als Kul­tur­ein­rich­tung zu gel­ten. Des­we­gen sehe ich auch kei­ne Chan­ce als ein­zel­ne Video­thek För­der­mit­tel zu bekommen.

Bei Vinyl gab es ja ein über­ra­schen­des Come­back. Könn­te das auch mit der DVD geschehen?

Bei der DVD ist der Inhalt schön, aber das Medi­um selbst weni­ger. Ich sage selbst als Ver­lei­her, dass die DVD ist nicht so sexy wie eine Schall­plat­te, aber eben prak­tisch. Aber sie ist immer noch das Cine­as­ten­me­di­um schlecht­hin, wegen des gan­zen Bonus­ma­te­ri­als, wegen der Auf­ar­bei­tung, der ver­schie­de­nen Sprach­fas­sun­gen, Unter­ti­teln und der Archi­vie­rungs­mög­lich­keit – Das Inter­net hat das nicht abgelöst.

Wie dra­ma­tisch ist nun Eure wirt­schaft­li­che Situation ?

Es geht so nicht wei­ter. Wir kön­nen nur dann unser Ange­bot auf­recht­erhal­ten, wenn wir uns unab­hän­gig von den Tagesau­lei­hen machen kön­nen. Ich möch­te aber kei­ne Spen­den bekom­men, Des­halb haben wir ein neu­es Modell mit Jah­res­bei­trä­gen geschaf­fen. Wir hof­fen, dass jetzt nicht nur gerech­net wird, ob sich das „lohnt“, son­dern dass Leu­te es machen, damit das FORMAT mit sei­ner Film­samm­lung wei­ter zugäng­lich bleibt. Bis­lang wird das gut ange­nom­men und es wäre schön wenn noch ein paar mehr hinzukommen.

 

 

Alle Infos zum neu­en Modell auf der  >>Web­site des for­mat

 

 

 

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