Zwei Monate nach dem kriegerischen Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien ist die kurdische Metropole Afrin besetzt. Hunderte Zivilisten wurden getötet und die Infrastruktur schwer beschädigt. Nun droht ein langer Guerillakrieg, der auch nach Westeuropa getragen werden könnte. Entgegen der Ansagen von Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) gab es auch nach Beginn der Invasion weitere deutsche Waffenlieferungen an Ankara.
Aus Anlass des kurdischen Neujahrsfestes Newroz wird am Mittwoch, dem 21. März um 16 Uhr auf dem Marktplatz in Halle eine weitere Protestdemonstration gegen das grausame Vorgehen der Türken stattfinden. Auch das Leipziger Solibündnis für Rojava ruft für den 24. März zu einer Friedensdemonstration auf. Philipp ist Aktivist beim Solibündnis und beantwortete vorab einige Fragen.
Welche Menschen oder Organisationen engagieren sich in Leipzig für Rojava?
Das Rojava Soli Bündnis ist ein loses Bündnis, was sich im Zuge der Angriffe des IS auf die kurdische Stadt Kobane in Syrien aus verschiedenen Einzelpersonen gebildet hat. Das Selbstverständnis wurde hier veröffentlicht: http://rojavasolibuendnisleipzig.blogsport.eu/beispiel-seite/
Bis zur Einnahme Afrins waren die Nachrichten vom Schrecken in Ost - Gutha überlagert. Konnte die Operation gegen Afrin ungehindert im Schatten des Syrienkrieges stattfinden?
Ich denke, die Operation findet im Schatten vieler Ereignisse statt. Ost-Ghouta als akutes Beispiel, der sogenannten "Flüchtlinskrise" zum anderen. Das soll garnicht den Schrecken in Ost-Ghouta relativeren. Die Akeure haben sich aber schon gut überlegt, wann und wie sie diese Operationen durchführen. Wesentlich trägt dazu auch die Umstrukturierung des türkischen Militärs 2016 und die "Niederschlagung" des sogenannten Putsches im Juni 2016 dazu bei, dass die Mehrheitsbevölkerung in der Türkei und das Militär auch mehrheitlich unkritisch sieht.
Insofern hat das auch Einfluss auf Deutschland und die EU, denen dadurch auch durch die engen wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen mit der Türkei überhaupt ein Bezug zu einer kritischeren Auseinandersetzung mit dem, was in der Türkei stattfindet fehlt.
Die kurdischen Milizen sind offiziell mit den USA verbündet. Gibt es Anzeichen dass die Nato oder die USA die Türkei ermahnen oder zum Einlenken bewegen möchten?
Nein, es gibt kein Zeichen auf eine Ermahnung durch die USA, Russland oder Deutschland. Selbst Damaskus hält sich hier duldend zurück. Von den 250 lokalen Milizenangehörigen, die als Verbündete der kurdischen Kräfte nach Afrin zur Unterstützung gegangen sind, sind mittlerweile fast 50 Kämpfer in Kämpfen mit dem türkischen Militär getötet worden. Das ist für Assad, Russland und den Iran auch kein Grund den Luftraum über Afrin zu sperren. Insofern wird der Angriff sowohl von den USA, der NATO und der EU weiterhin toleriert, als auch durch Russland und Assad.
DEMO-Aufruf des Solibündnis Leipzig
Aus der Forderung nach Frieden wächst die Forderung nach Freiheit!
Nach über 8 Wochen Verteidigung der Region Afrin, wurde auch Afrin Stadt
nun am Samstag dem 17.03. durch die türkische Armee besetzt. Die
Verteidigungskräfte der YPG und YPJ sicherte und organisierte die Flucht
des größten Teils der noch verblieben Bevölkerung, um sie vor Verbrechen
zu schützen.
Die mehreren hunderttausend Einwohner haben nun alles verloren und leben
nun in Flüchtlingslagern in anderen Regionen, während die
einmarschierende türkische Armee und ihre islamistischen Verbündeten
direkt nach der Einnahme willkürliche Plünderung und Zerstörung des
Besitzes der Einwohner fortgesetzt und willkürlich verbliebene
Zivilbevölkerung festgenommen und die Schändung von Stätten der
religiösen Minderheit der Ezid_Innen durchgeführt hat.
Deutschlands ist Mittäter durch Waffenlieferungen, aber auch durch
Informationen durch die AWACS Aufklärungsflugzeuge, die unter deutschem
Kommando innerhalb der NATO Strukturen eingesetzt werden und die zur
Bomberdierung ziviler Ziele genutzt wurden. Dazu kommen Ausbildungen
türkischer Soldaten in deutschen Offiziersschulen, bei der das
strategische Vorgehen gelehrt wird, das jetzt in Afrin umgesetzt wurde.
Aus diesen Ereignissen stellen wir die Forderung nach "Freiheit" für die
betroffene Bevölkerung Afrins in den Vordergrund. Frieden in der Region
kann es nur durch die Freiheit der Bevölkerung in dieser Region geben!
Die Demonstration wird am 24.04. um 13:30 am Willy-Brandt-Platz beginnen
und durch die Innenstadt entlang des LVZ Gebäudes in die Südvorstadt
laufen.
Freiheit für Afrin!
Solidarität mit Rojava!
https://www.facebook.com/events/155984791885343/
Auf Facebook kam der Hinweis, dass Halles Kurden für morgen (Mittwoch) auch eine Demo planen. Und Dubisthalle schreibt: "Aus Anlass des kurdischen Neujahrsfestes Newroz findet die nächste Demonstration am 21. März um 16 Uhr auf dem Marktplatz statt." Ohne Garantie.