Demokratisch, friedlich, ökologisch, feministisch, solidarisch - für ein solches Europa stritten in Kassel vom 5.-7- Oktober über 650 Gäste aus dem In- und Ausland. Zu einem politischen Europakongress hatte das globalisierungskritische Netzwerk Attac eingeladen, unterstützt durch IG Metall, Verdi und GEW, BUND, die Heinrich-Böll-Stiftung Hessen sowie die Rosa-Luxemburg-Stiftung. In drei Podien, zehn Foren und 60 Workshops diskutierten Wissenschaftler, Experten und Aktivisten über die Zukunft der EU und des Kontinents.
Weitgehender Konsens unter den Teilnehmenden herschte darüber, dass in Europa grundlegende Veränderungen notwendig sind, um aus Dauerkrisen und Spannungen innerhalb Europas herauszukommen. Gegenüber Brüssel kündigte attac die Fortsetzung des Widerstands gegen Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung an. Freihandelsabkommen wie CETA oder Pläne für eine Kapitalmarktunion würden auf Ablehnung stoßen. Durch Grenzübergreifenden Druck sollen hingegen Sozialabbau und Austeritätspolitik entgegengetreten werden. Ziel sei "eine Wirtschaft, die gutes Leben für alle, statt maximale Profite und ungebremstes Wachstum in den Mittelpunkt stellt“, so Thomas Eberhard-Köster, Mitglied im Attac-Koordinierungskreis.
Entspannung und Sicherheit von Lissabon bis
Wladiwostok

Prof. Dr. Klaus Dörre ( Uni Jena) und Dr. Thomas Seibert ( Interventionistische Linke ) auf einem Kongresspodium
Auch die zunehmend expansive und militaristische EU-Außenpolitik war ein wichtiges Thema des Kongresses. Einer neuen Entspannungspolitik zwischen der EU und Russland kommt nach Ansicht der teilnehmenden eine hohe Priorität zu. Zudem begrüßen die Kongressbesucher Forderungen nach einer Zone der Zusammenarbeit und gemeinsamen Sicherheit von Lissabon bis Wladiwostok. „Statt einer Festung Europa fordern wir sichere Fluchtwege, eine humane Migrationspolitik sowie eine wirksame Bekämpfung der Fluchtursachen“, so Judith Amler, Mitglied im Attac-Koordinierungskreis. Zu diesen notwendigen Maßnahmen gehöre der Einsatz für eine entwicklungsfreundliche Weltwirtschaftsordnung, das Ende von ungleichen Verträgen, wie die Handelsabkommen mit Afrika (EPAs), sowie die Beendigung von Rüstungsexporten.
Keine Einigkeit bei der Frage "Was tun?"
Die Zukunft der Währungsfrage im Euroraum wurde kontrovers auf dem Kongress diskutiert. Ebenso strittig wurde auch die Frage erörtert, ob unbedingte Integration im Interesse emanzipatorischer Politik liegt und wohin sie unter den gegebenen Kräfteverhältnissen führt. Im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge kam die Frage auf, inwieweit selektive eine selektive Rückgabe von Entscheidungskompetenzen weg von der zentralistischen EU sinnvoll sei. Die Frage welche strategische Ansätze für ein wirksames Durchsetzen der avisierten Politik geeignet seien, kam es ebenfalls zu Meinungsverschiedenheiten. Als möglicher Weg wurde hier auch über Ungehorsam gegenüber EU-Verträgen gestritten.
Einmischung in EU-Wahlen 2019 angekündigt
Als konkretes Ergebnis des Kongresses steht der Entschluss der Teilnehmenden, sich mit Veranstaltungen und Aktionen in den Wahlkampf zum EU-Parlament im Mai 2019 einzumischen.
"Europa radikal demokratisieren" - Gastbeitrag zum Kongress von Andreas Fisahn ( Rechtswissenschaftler Uni Bielefeldt, Mitglied im attac-Koordinierungskreis ) in der Frankfurter Rundschau
www.ein-anderes-europa.de