Das Mann und Frau sich nicht verstehen (können?) ist ein Allgemeinplatz, der in Literatur und Kunst verhandelt wird, seit es Literatur und Kunst gibt. Nun ist er im Sommertheater auf dem Holzplatz angekommen.
„Pfänners Freiheit“ ist der Titel des Sommertheaters der Werkstätten und Kultur am Holzplatz (WuK). Es begann am 1. und endet am 18. August. Teil der Open-Air-Veranstaltung, die vom Sommer mit hartnäckiger Regenlosigkeit unterstützt wurde, waren und sind das Sommerkino (zusammen mit dem LUCHSkino), Schauspiel für Kinder und Erwachsene und Lesungen.
„Pfänners Freiheit“ auf Flutsand
Neben demTheaterhaus und mit Blick aufs hallesche Kolosseum ein Beachball-Sandstrand: Flutsand von 2013 sei das, lässt Hausherr Tom Wolter das Publikum wissen. Und er erklärt auch den Titel des Festivals ein bisschen näher: Um städtischen Stolz und Bürgerfreiheit gehe es dabei. (Tatsächlich hatte der geldhungrige Kardinal Albrecht 1479 die Pfänner gezwungen, ein Viertel ihrer Einkünfte an ihn abzugeben, indem er Besitzer der sog. Talgüter wurde. Außerdem erließ der ein Innungsverbot, das die Pfänner hinderte, sich zu organisieren. Pfänners Freiheit ist also die der freien Bürger.)
„Paare in Zeiten der Hysterie“
Ein Spieler (Ralf Bockholdt), eine Spielerin (Elsa Weise) und eine Beziehungskiste sind von der Partie, logisch, denn es geht um Paarprobleme. Texte verschiedener Autoren (Tschechow, Dario Fo, Shakespeare, Moliere) und Szenen aus dem englischen Figurentheater (Punch and Judy) werden zusammengesponnen zu einer Art Überblick, was alles in einer Paarbeziehung schief gehen kann. Schon der Heiratsantrag nämlich (Tschechow), der misslingt, weil das zukünftige Paar, aus benachbarten Gutsbesitzerfamilien, in Streit über eine von beiden beanspruchte Ochsenwiese gerät. Bei Punch and Judy geht dann eigentlich alles schief, sie verstehen einander nicht, finden nicht zusammen ins Bett, dann ist das Baby verschwunden … Das alles leider auf Englisch, Punch im Falsett („I have the best voice in the world“ behauptet er größenwahnsinnig, „Everybody can understand me“ – unfreiwillige Komik?), Judy (Elsa Weise) hat ohnehin eine zarte Stimme, sodass die beiden fast nicht zu verstehen waren. Allerlei Beziehungsobjekte wurden aus der sprichwörtlichen Kiste gezogen und erwiesen sich als untauglicher Beziehungskitt. Endlich Szenenwechsel: Shakespeares „Sommernachtstraum“ (nein, zum Glück nicht auf Englisch). Wie immer wunderbar, eigentlich hat der Maestro doch schon alles gesagt in diesem göttlichen Stück Literatur. Schließlich noch ein Paar (er älter, sie jünger), das sich krampfhaft um liebevollen und kulturvollen Umgang am Esstisch bemüht und unversehens über den Vortritt zum Marmeladenglas in unauflösbaren Clinch gerät.
Nur Komödie?
Eigentlich also fehlt nichts. Und doch: Hatte der Titel nicht einen größeren Wurf versprochen oder doch wenigstens erhoffen lassen? Und wo waren sie denn, die "Zeiten der Hysterie"?
Sicher, es war Komödie und alles nicht so ernst zu nehmen. Wie die beiden Spieler im Interview sagen: Sie hätten eher Figuren als Charaktere darstellen wollen und so sei nicht um psychologische Durcharbeitung, sondern um die große Komödie der misslingenden Paarbeziehungen gegangen.
Ein schöner Theaterabend war es auf jeden Fall. Und wie beim Sommertheater Muss und Usus: Es gab reichlich zu lachen. Sowie Flutsand in den Schuhen.
Die nächste Vorstellung findet am 15. August 2018 um 20 Uhr statt.