Tausende Menschen gingen an über 100 Orten bundesweit zu Ostern auf die Straße, um bei den Ostermärschen der Friedensbewegung ihre Sorge und Protest auszudrücken. In Leipzig verlief die Route in der Innenstadt vom Leuschnerplatz über das Neue Rathaus, Markt und Hauptbahnhof. Als Redner traten unter anderem Thomas Kachel vom sächsischen Landesvorstand der LINKEN und der Publizist Lutz Mükke von der Initiative “Leipzig bliebt friedlich!” auf.
"Wer ist der größte Putingegner?"
Thomas Kachel, Sprecher des LAG Frieden der Linkspartei, brachte die Hauptforderung nach einem Waffen-Stop unmissverständlich auf den Punkt: "Im Interesse der ukrainischen – wie auch der gesamteuropäischen – Bevölkerung ist es nicht, mit noch mehr Waffen einen noch längeren Krieg zu provozieren, sondern alle Kraft in eine Verhandlungslösung zu investieren." An die Kriegsrhetoriker im Bundestag namentlich Habek und Merz, an die Frauen Baerbock und Strack-Zimmermann, richtete Kachel eine deutliche Ostermarsch-Botschaft:
"Hören Sie endlich auf mit der Sicherheit von uns allen zu spielen, und am Ende womöglich einen nuklearen Schlagabtausch zu riskieren - nur um in ihrem innerparteilichen Ranking - Wer ist der größte Putingegner? - weiter nach vorne zu kommen.
Vor kurzem noch hätten Politiker noch für sofortige Waffenruhe plädiert, jetzt auf einmal solle das Ziel sein, 'Putin darf nicht gewinnen'. Diesen menschenverachtenden Zynismus, für dieses Ziel nun weiter Menschen – Ukrainer und Russen – sterben lassen zu wollen, diesen Zynismus dürfe man den Regierenden "nicht durchgehen lassen.", so Kachel unter lautstarkem Beifall.
Nicht aus heiterem Himmel
Zuvor verurteilte der Friedenspolitiker den russischen Angriffskrieg , für den es keine Rechtfertigung geben könne. Aber dieser Krieg komme "nicht aus heiterem Himmel". Vielmehr habe er sich seit 20 Jahren angekündigt - "vom Wortbruch gegenüber Gorbatschow in
der Frage der NATO-Osterweiterung, über die einseitige Kündigung der ABM-, A-KSE- und INF-Rüstungsbegrenzungsverträge bis zum Aufbau des NATO-Raketenschirms an den Grenzen Russlands. Bis heute kenne "das Agieren von NATO und EU im Osten Europas nur eine Richtung: Eskalation. Mittlerweile liegen die Militär-ausgaben der NATO-Staaten 17-mal über denen Russlands und sollen noch weiter massiv steigen."
Kriegs-Drehkreuz Flughafen Leipzig
Lutz Mükke wies als Sprecher der Initiative “Leipzig bliebt friedlich!” darauf hin, dass über den Flughafen Leipzig bereits hunderttausende Soldaten und schwere Waffen in
Kriegsgebiete wie Afghanistan, Irak und Mali und auch in die Ukraine transportiert worden sind. Durch geplante Ansiedlungen von Rüstungsunternehmen und einem Flottenmanagementzentrum drohe Leipzig nun zu einem führenden Militärtechnik- und Infrastrukturstandort zu werden. Statt dessen sollte Leipzig "als Weltfriedensort" etabliert werden - "ohne Rüstungs- und Militäransiedlungen.“
Mükke, der selbst als Kriegsreporter arbeitete, kritisierte die Scholz-Formulierung einer „Zeitenwende“ und den allgegenwärtigen Ruf nach mehr Waffen als Irrweg. „Woher nimmt man eigentlich diese Analyse? Aus den verheerenden Kriegen des Westens in Afghanistan, Irak, aus Libyen oder aus Mali? Wohl kaum. Dort hat das Militär das Gegenteil belegt: Alle diese jüngsten Kriege sind einzige militärische Desaster, die noch größeres Verderben und Instabilität brachten.“
Nichts am Krieg ist heldenhaft
Auch das medial gezeichnete Heldenbild geißelte der Kommunikationsforscher als Kriegspropaganda. Mit Heldenerzählungen rufe und befehle man schon immer zu den Waffen. „Doch leider verschwimmen hinter diesem Heldenepos auch ganz andere Realitäten: Unter anderem die Zwangsrekrutierungen von allen Männern zwischen 18 und 60 Jahren in der Ukraine, oder die Ahnungslosigkeit russischer Soldaten, die als Kanonenfutter ins Feld geschickt werden.“ Heldenhaft sei im Krieg aber nichts, sagte Mükke voll Überzeugung als jemand, der Krieg und Tod in Afrika und Afghanistan hautnah miterlebte. „Glauben sie niemals dieser toxischen Kriegs-Poesie vom Heldentum der Soldaten. Das ist reine Kriegspropaganda.“
Als einzig mögliche Antwort forderte Mükke wie andere Ostermarsch-Redner sofortige Verhandlungen auf höchster politischer Ebene und unter Beteiligung auch aller indirekt beteiligten Kräfte inklusive der USA – ohne taktische Verzögerungen, die auf Optimierung von möglichen Ergebnissen zielt und doch nur zu unnötig hohen Opferzahlen führt.
Zum Abschluss einer mitreißenden Friedensrede richtete Dr. Mükke das Wort gegen den 100 Milliarden schweren deutschen Aufrüstungsfonds, mit dem die Bundesrepublik zum drittgrößten Militärhaushalt der Welt werde. Dadurch werde der militärisch-industrielle Komplex wird unglaublich gestärkt und somit auch „an Einfluss und Mitsprache in unserer Gesellschaft gewinnen“. Dies müsse von einer wachen zivilen Bürger*innengesellschaft aktiv verhindert werden. Denn eine „kluge, kräftige Diplomatie und zivile Politik“ hätten den Ukraine-Russland-Krieg verhindern können.